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Gerade bei Patchworkfamilien verfallen die Eltern oder deren Berater häufig auf die Idee, ihr Vermögen oder Teile davon auf den anderen Ehegatten zu transferieren, um diesen im Falle des Ablebens vor Pflichtteilsansprüchen der Kinder aus der ersten, gescheiterten Beziehung zu schützen. Diese Strategie scheitert jedoch an § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB. Bei Schenkungen an den Ehegatten beginnt die Zehnjahresfrist des § 2325 Abs. 3 BGB nicht vor Auflösung der Ehe zu laufen. Wird die Ehe erst durch den Tod des einen Ehegatten aufgelöst, sind folglich alle Schenkungen ergänzungspflichtig, und zwar unabhängig vom Zeitpunkt des Eintritts des rechtlichen Leistungserfolges beim beschenkten Ehegatten. Es werden also auch Schenkungen erfasst, die möglicherweise schon mehrere Jahrzehnte zurückliegen. Hinter dieser Vorschrift steht die Überlegung, dass der Erblasser bei einer Schenkung an seinen Ehegatten kein spürbares Vermögensopfer erbringen muss und infolgedessen eine hohe Missbrauchsgefahr bestehe.[109] An dieser Regelung wurde auch nach der Erbrechtsreform durch den Gesetzgeber ausdrücklich festgehalten (§ 2325 Abs. 3 S. 3 BGB).

Karczewski beschäftigt sich in einem lesenswerten Aufsatz mit dem Problemkreis Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den beschenkten Ehegatten.[110]

[109] Damrau/Tanck/Riedel, § 2325 Rn 103.
[110] Karczewski, Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den beschenkten Ehegatten: Neue Entwicklungen bei § 2325 BGB, ZEV 2020, 733.

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