a) Allgemeines
Rz. 390
Die Beschränkung des Pflichtteils in guter Absicht ist möglich, wenn der spätere Erwerb der Erbschaft durch Verschwendungssucht oder durch erhebliche Verschuldung des erbenden Abkömmlings gefährdet ist (vgl. Muster "Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht" § 17 Rdn 30). Die Beschränkung ist hierbei nicht nur auf den Pflichtteil bezogen, sie kann vielmehr auch den gesetzlichen Erbteil und mehr umfassen (§ 863 ZPO). Der Pflichtteil ist nur das Mindestmaß der beschränkbaren Zuwendung.
Rz. 391
Eine solche Beschränkung kann aber nur gegenüber dem Abkömmling, nicht gegenüber dem Ehegatten oder den Eltern des Erblassers erfolgen.
Rz. 392
Zielsetzung der Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht ist einerseits, die Erbschaft vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen, und andererseits, den pflichtteilsberechtigten Erben daran zu hindern, seine Erbschaft zu verschwenden. Das wohlverstandene Interesse des Pflichtteilsberechtigten steht somit im Vordergrund. Auf der anderen Seite soll aber auch das Familienvermögen vor der Gefahr des Verlustes geschützt werden. Gemäß § 2338 BGB bestehen hierfür drei Möglichkeiten:
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Die gesetzlichen Erben werden zu Nacherben berufen. |
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Die gesetzlichen Erben werden zu Nachvermächtnisnehmern berufen. |
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Anordnung einer Verwaltungsvollstreckung. |
Voraussetzung der Verschwendung ist eine Lebensweise mit einem Hang zur zweck- und nutzlosen Vermögensverwendung. Die Gefahr einer Notlage muss nicht bestehen. Übersteigen die Verbindlichkeiten das Aktivvermögen, liegt eine Überschuldung vor. Liegt bloße Zahlungsunfähigkeit vor, genügt dies nicht. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens berechtigt daher nicht zur Pflichtteilsbeschränkung, da bei natürlichen Personen nicht die Überschuldung, sondern die Zahlungsunfähigkeit Insolvenzgrund ist.
b) Gestaltung der Pflichtteilsbeschränkung
Rz. 393
Nach § 2338 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Erblasser dem Erben seinen Erb- oder Pflichtteil lediglich als Vorerbe bzw. Vorvermächtnisnehmer zukommen lassen und die gesetzlichen Erben des Pflichtteilsberechtigten zu dessen Nacherben bzw. Nachvermächtnisnehmern bestimmen. Dies hat zur Folge, dass durch die Vorerbschaft nicht nur der Pflichtteil bzw. Erbteil der Pfändung entzogen ist, sondern gem. § 863 ZPO auch die Nutzungen, soweit diese für den standesgemäßen Unterhalt des Pflichtteilsberechtigten und dessen Familie erforderlich sind.
Rz. 394
Im Falle einer Nachvermächtnisanordnung ist aber immer eine begleitende Verwaltungsvollstreckung anzuordnen, weil sich der Bedachte ansonsten durch Verfügung über den Gegenstand von der Beschränkung des Nachvermächtnisnehmers befreien kann. Die Vorschrift des § 2191 Abs. 2 BGB verweist nämlich nicht auf die §§ 2113–2115 BGB. Dies führt dazu, dass keine Verfügungsbeschränkung eintritt, die Eigengläubiger können daher in den Gegenstand des Vermächtnisses und in dessen Nutzungen vollstrecken. Auch die Vorschrift des § 863 ZPO gilt für den Fall des Nachvermächtnisses nicht. Im Vergleich zum Nacherben ist der Schutz des Nachvermächtnisnehmers nämlich erheblich geringer. Ausreichender Schutz vor lebzeitigen Zuwendungen des Vorvermächtnisnehmers besteht nicht. Bei einem Grundstücksvermächtnis könnte jedoch zusätzlich angeordnet werden, dass der Nachvermächtnisnehmer nach Anfall des Vermächtnisses beim Vorvermächtnisnehmer Anspruch auf dingliche Sicherung durch Eintragung einer Vormerkung hat. Nach h.M. ist dies zulässig. Der Anspruch auf Eintragung einer Vormerkung muss jedoch ausdrücklich mitvermacht sein. Auf das Nachvermächtnis finden lediglich die folgenden Vorschriften der Nacherbfolge Anwendung: §§ 2102, 2106 Abs. 1, 2107, 2110 Abs. 1 BGB. Die übrigen Vorschriften über die Nacherbfolge sind auf das Nachvermächtnis auch nicht entsprechend anwendbar. Insbesondere entfällt die dingliche Surrogation.
Rz. 395
Gleiches gilt für die nach § 2338 Abs. 1 S. 2 BGB bestehende Möglichkeit, eine Dauertestamentsvollstreckung anzuordnen. Hier greift ebenfalls der Schutz des § 863 ZPO ein, und dem Abkömmling steht ein Anspruch auf den jährlichen Reinertrag zu.
c) Grund, Form und Wirkung der Pflichtteilsbeschränkung
Rz. 396
Der Grund der Beschränkung muss zum Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung bereits bestehen, und der Abkömmling darf sich zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht dauerhaft von der Verschwendung abgewendet haben bzw. die Überschuldung muss noch bestehen. Bei dauerhafter Besserung bzw. Wegfall der Überschuldung zum Zeitpunkt des Erbfalls ist die Anordnung unwirksam.
Rz. 397
Die Pflichtteilsbeschränkung muss in der Form einer letztwilligen Verfügung erfolgen. Diese kann auch einziger Inhalt einer derartigen ...