a) Erbrechtlicher Typenzwang
Rz. 169
Die Testierfreiheit wird u.a. aufgrund des erbrechtlichen Typenzwangs eingeschränkt. In den §§ 1937–1940 BGB zählt das Gesetz nur die wichtigsten Inhalte letztwilliger Verfügungen auf. Diese Regelungen haben jedoch keinen abschließenden Charakter. Daneben werden auch im 4. Buch des BGB (Familienrecht) zahlreiche weitere Anordnungen genannt. Diese können ebenfalls durch letztwillige Verfügungen getroffen werden. Die Einzelaufzählung führt jedoch dazu, dass Verfügungen, die einen beliebigen Inhalt haben, nicht getroffen werden können. Es können lediglich solche Verfügungen getroffen werden, die entweder ihrer Art nach ausdrücklich im Gesetz geregelt sind oder aber solche, die aufgrund Auslegung oder Analogie dem Gesetz als zulässig zu entnehmen sind.
Rz. 170
Nach Ansicht des RG "unterliegt der Inhalt letztwilliger Verfügungen keinen anderen als den sich aus dem Gesetz ergebenden Einschränkungen". Diese Formulierung ist missverständlich. Vielmehr kann von einem Typenzwang gesprochen werden. Aufgrund des Typenzwangs ist es z.B. nicht möglich, einer anderen Person als dem oder den Erben einen Gegenstand mit dinglicher Wirkung zuzuwenden. Im Erbrecht gilt das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge. Ein Vermächtnis ist nur mit obligatorischer, nicht jedoch mit dinglicher Wirkung zugelassen (§ 2174 BGB). Es ist nicht möglich, einen Pflichtteilsanspruch aufgrund anderer als den in den §§ 2333 ff. BGB genannten Gründen auszuschließen. Dem Erblasser ist es selbst überlassen, zu bestimmen, welche und wie viele letztwillige Verfügungen er treffen möchte. Ein Testament muss nicht zwingend eine Erbeinsetzung enthalten. Es können auch lediglich Vermächtnisse angeordnet oder letztwillige Verfügungen mit auflösenden oder aufschiebenden Bedingungen verknüpft werden.
b) Heimgesetz
Rz. 171
Grundsätzlich kann jede natürliche Person als Erbe benannt werden. Es gibt jedoch Personen, die aufgrund ihrer Position gegenüber dem Erblasser nicht zu Erben bestimmt werden können. Das Heimgesetz des Bundes ist in den Ländern durch landesrechtliche Vorschriften abgelöst worden, die aber weitgehend inhaltsgleiche Regelungen enthalten. Lediglich vereinzelt finden sich in den landesrechtlichen Regelungen Abweichungen. Daher sollte stets der konkret anzuwendende Gesetzestext herangezogen werden (aktuelle Übersicht unter www.dnoti.de).
Rz. 172
Nach § 14 HeimG bzw. der landesrechtlichen Vorschriften ist eine Verfügung von Heimbewohnern zugunsten von Heimmitarbeitern oder des Heimträgers unwirksam. Das Gleiche gilt auch, wenn beispielsweise Verwandte des Heimmitarbeiters als Nacherben eingesetzt werden. Durch die Regelung des § 14 HeimG bzw. der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften soll die Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit alter und pflegebedürftiger Personen verhindert werden. Selbst wenn das Testament schon vor Einzug in das Heim errichtet worden ist, ist jede Zuwendung durch letztwillige Verfügung verboten. Sofern jedoch seitens des Heimbewohners eine Verfügung des ausgeschlossenen Personenkreises ausdrücklich gewollt ist, hat der Erblasser die Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung nach § 14 Abs. 6 HeimG bzw. der entsprechenden Regelung in den landesrechtlichen Vorschriften zu beantragen. Eine etwaige Ausnahmegenehmigung wird durch die Heimaufsichtsbehörde erteilt. Die Vorschrift des § 14 HeimG findet auf Angestellte eines ambulanten Pflegedienstes keine Anwendung.
Rz. 173
Nicht nur Heime sind unter die Vorschrift zu fassen, sondern auch Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege, der stationären Hospize und der Kurzzeitpflege. Bieten familienfremde Personen in einer Privatwohnung gegen Entgelt Unterkunft und Pflege, gilt das gesetzliche Verbot ebenfalls.
Rz. 174
Ähnliches gilt im Hinblick auf die Genehmigungserfordernisse der § 70 BBG, § 19 SG und § 3 Abs. 2 TVöD für die Erbeinsetzung von Beamten, Dienstverpflichteten und Angestellten des öffentlichen Dienstes.
Rz. 175
Nach Ansicht des BayObLG ist die Vorschrift des § 14 HeimG aber nicht (analog) auf ein Betreuungsverhältnis anwendbar. Demgemäß kann der Betreute, sofern er testierfähig ist, seinen jetzigen oder früheren Berufs- oder ehrenamtlichen Betreuer zum Erben (oder Vermächtnisnehmer oder Testamentsvollstrecker) einsetzen. Wenn auch § 14 HeimG nicht analog anwendbar ist, stellte sich dennoch die Frage der Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB. Hierbei kommt es jedoch auf den Einzelfall an. Diese Rechtslage galt bis zum 31.12.2022.
Rz. 176
Ab dem 1.1.2023 gilt eine Neuregelung für Berufsbetreuer. § 30 BtOG (Betreuungsorganisationsgesetz) lautet nunmehr wie folgt:
§ 30 BtOG Leistungen an berufliche Betreuer
(1) Einem beruflichen Betreuer ist es untersagt, von dem von ihm Betreuten Geld oder geldwerte Leistungen anzunehmen. ...