a) Allgemeines
Rz. 436
Die Wiederverheiratungsklausel soll in der Regel dem Schutz der Schlusserben vor einer zusätzlichen Schmälerung des Nachlasses durch Hinzutreten weiterer pflichtteilsberechtigter Ehegatten dienen. Das, was die Ehegatten den Schlusserben, meistens den eigenen Kindern, zugedacht haben, soll ihnen auch letztlich zukommen.
Rz. 437
Im Wesentlichen haben sich drei Varianten von Wiederverheiratungsklauseln herausgebildet, nämlich:
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Die Vermächtnislösung: Hier wird den Abkömmlingen im Wege des Vermächtnisses Nachlassvermögen zugeteilt. |
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Im Falle der Wiederverheiratung muss sich der Ehegatte mit den Abkömmlingen nach der gesetzlichen Erbfolge auseinandersetzen. |
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Der überlebende Ehegatte muss im Falle der Wiederverheiratung den gesamten Nachlass oder Teile davon an die Abkömmlinge herausgeben (konstruktive Vor- und Nacherbschaft). |
Rz. 438
Seit der Hohenzollern-Entscheidung wird die Frage der Sittenwidrigkeit von Wiederverheiratungsklauseln diskutiert. Von einer Unwirksamkeit ist in jedem Falle dann auszugehen, wenn der Ehegatte das gesamte Vermögen verliert, ihm demgemäß nicht einmal mehr der Pflichtteil verbleibt. Tritt im Falle der Wiederverheiratung der Nacherbfall ein, d.h. muss der zum Vorerben berufene Ehegatte den gesamten Nachlass an die Nacherben herausgeben, soll dies ebenfalls gelten. In diesem Falle verliert der überlebende Ehegatte auch sein Pflichtteilsrecht, da er die Erbschaftsannahme nicht mehr anfechten kann. Es ist daher zu empfehlen, dass der überlebende Ehegatte im Falle der Wiederverheiratung in jedem Falle seinen Pflichtteil behält.
Rz. 439
Die Ausgestaltung der Wiederverheiratungsklausel richtet sich danach, welche Testamentsform gewählt worden ist (Einheitslösung, Trennungslösung oder Nießbrauchslösung): Bei der Trennungslösung ist z.B. aufgrund der durch das Institut der Vor- und Nacherbschaft getrennten Vermögen bereits eine Sicherung der Schlusserben gegeben. An dem Vermögen des Erstversterbenden können bei der Trennungslösung keine Pflichtteilsrechte des neuen Ehegatten entstehen. Anders dagegen bei der Einheitslösung. Hier würde der neue Ehegatte an dem Vermögen des Erstversterbenden zwangsläufig partizipieren.
b) Gestaltung der Wiederverheiratungsklausel bei der Einheitslösung
Rz. 440
Im Falle des Todes des Erstversterbenden verschmilzt bei der Einheitslösung das Vermögen des Überlebenden mit dem Vermögen des Erstversterbenden zu einer Vermögensmasse.
Es bestehen u.a. folgende Möglichkeiten, für den Fall der Wiederverheiratung Vorsorge zu treffen:
aa) Vor- und Nacherbenregelung
Rz. 441
Wird lediglich formuliert, dass im Falle der Wiederverheiratung der Nachlass an die Schlusserben herauszugeben ist und wird der überlebende Ehegatte zunächst zum unbeschränkten Vollerben eingesetzt, bedeutet dies, dass er im Falle der Wiederverheiratung zum Vorerben eingesetzt ist (konstruktive Vor- und Nacherbschaft). Nacherben sind die gemeinsamen Kinder. Dies bedeutet demgemäß, dass die Vollerbeneinsetzung des überlebenden Ehegatten auflösend bedingt ist durch die Wiederverheiratung. Der überlebende Ehegatte ist aufschiebend bedingter Vorerbe. Die vorbezeichnete Konstruktion führt dazu, dass der überlebende Ehegatte ab dem Tod des Erstversterbenden den Beschränkungen eines Vorerben unterliegt. Die vorstehende Konstruktion verwandelt demgemäß die Einheitslösung in eine Trennungslösung. Die vorstehende Regelung ist zwar theoretisch möglich, sollte allerdings aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit vermieden werden. Langenfeld spricht hier sogar von einem Gestaltungsfehler. In jedem Falle stellt sich das Problem, dass der überlebende Ehegatte bis zur Wiederverheiratung sämtliche Verfügungen als Vollerbe getroffen hat, ab dem Zeitpunkt der Wiederverheiratung jedoch eine von Anfang an geltende rückwirkende Vorerbschaft angenommen wird. In der Regel ist allerdings von befreiter Vorerbschaft auszugehen, es sei denn, es wurden anderweitige Anordnungen getroffen oder sonstige Umstände stehen dieser Annahme entgegen, was demgemäß zu einer Abschwächung des Problems führt.
Rz. 442
Muster 3.18: Vor- und Nacherbenregelung
Muster 3.18: Vor- und Nacherbenregelung
Muster: Vor- und Nacherbenregelung
Für den Fall, dass der überlebende Ehegatte sich wiederverheiraten sollte, legen wir wechselseitig fest, dass die angeordnete Vollerbschaft auflösend bedingt ist.
Im Falle der Wiederverheiratung soll der überlebende Ehegatte nur Vorerbe sein, wobei er von allen Verfügungsbeschränkungen, soweit das Gesetz dies zulässt, sowie von allen Verpflichtungen, von denen nach dem Gesetz (§ 2136 BGB) Befreiung erteilt werden kann, befreit ist. Demgemäß soll befreite Vorerbschaft angeordnet sein, d.h. dass der überlebende Ehegatte über den Nachlass im Sinne von Veräußerungen und Belastungen verfügen und diesen auch für sich verzehren und...