Rz. 436

Die Wiederverheiratungsklausel[530] soll in der Regel dem Schutz der Schlusserben vor einer zusätzlichen Schmälerung des Nachlasses durch Hinzutreten weiterer pflichtteilsberechtigter Ehegatten dienen. Das, was die Ehegatten den Schlusserben, meistens den eigenen Kindern, zugedacht haben, soll ihnen auch letztlich zukommen.

 

Rz. 437

Im Wesentlichen haben sich drei Varianten von Wiederverheiratungsklauseln herausgebildet, nämlich:[531]

Die Vermächtnislösung: Hier wird den Abkömmlingen im Wege des Vermächtnisses Nachlassvermögen zugeteilt.
Im Falle der Wiederverheiratung muss sich der Ehegatte mit den Abkömmlingen nach der gesetzlichen Erbfolge auseinandersetzen.
Der überlebende Ehegatte muss im Falle der Wiederverheiratung den gesamten Nachlass oder Teile davon an die Abkömmlinge herausgeben (konstruktive Vor- und Nacherbschaft).
 

Rz. 438

Seit der Hohenzollern-Entscheidung wird die Frage der Sittenwidrigkeit von Wiederverheiratungsklauseln diskutiert. Von einer Unwirksamkeit ist in jedem Falle dann auszugehen, wenn der Ehegatte das gesamte Vermögen verliert, ihm demgemäß nicht einmal mehr der Pflichtteil verbleibt.[532] Tritt im Falle der Wiederverheiratung der Nacherbfall ein, d.h. muss der zum Vorerben berufene Ehegatte den gesamten Nachlass an die Nacherben herausgeben, soll dies ebenfalls gelten.[533] In diesem Falle verliert der überlebende Ehegatte auch sein Pflichtteilsrecht, da er die Erbschaftsannahme nicht mehr anfechten kann. Es ist daher zu empfehlen, dass der überlebende Ehegatte im Falle der Wiederverheiratung in jedem Falle seinen Pflichtteil behält.[534]

 

Rz. 439

Die Ausgestaltung der Wiederverheiratungsklausel richtet sich danach, welche Testamentsform gewählt worden ist (Einheitslösung, Trennungslösung oder Nießbrauchslösung): Bei der Trennungslösung ist z.B. aufgrund der durch das Institut der Vor- und Nacherbschaft getrennten Vermögen bereits eine Sicherung der Schlusserben gegeben. An dem Vermögen des Erstversterbenden können bei der Trennungslösung keine Pflichtteilsrechte des neuen Ehegatten entstehen. Anders dagegen bei der Einheitslösung. Hier würde der neue Ehegatte an dem Vermögen des Erstversterbenden zwangsläufig partizipieren.

[530] MüKo/Musielak, § 2269 Rn 47 ff.
[531] Damrau/Tanck/Klessinger, § 2269 Rn 46.
[532] MüKo/Leipold, § 2074 Rn 26 m.w.N.; OLG Saarbrücken, DNotZ 2015, 691.
[533] BeckOK/Litzenburger, § 2269 Rn 33.
[534] Damrau/Tanck/Klessinger, § 2269 Rn 49.

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