Rz. 131

Derjenige, der Geschriebenes nicht lesen kann, kann gemäß § 2247 Abs. 4 BGB kein eigenhändiges Testament errichten.[148] Es ist jedoch möglich und hindert nicht die Wirksamkeit, wenn der Erblasser trotz seiner Sehschwäche das Testament mittels einer Lupe, großer Schrift oder einem dicken Stift schreibt.[149] Die Lesefähigkeit ist keine Frage der Formgültigkeit des Testamentes, sondern stellt eine personenbezogene Voraussetzung des eigenhändigen Testierens dar. Wer sich darauf beruft, dass der Erblasser nicht zu Lesen in der Lage war, trägt hierfür die Beweislast. Da die Leseunfähigkeit die Ausnahme darstellt, ist regelmäßig von der Lesefähigkeit auszugehen, wenn die Beweisaufnahme nicht zu eindeutigen Beweisen der Leseunfähigkeit führt.[150]

Auch eine schreibunfähige Person kann kein eigenhändiges Testament errichten.

Ein eigenhändiges Testament kann nicht in Blindenschrift errichtet werden, wenn der Blinde die Blindenschrift nur unter Zuhilfenahme einer Schreibmaschine (mittelbar) niederlegen kann. Kann der Blinde die Blindenschrift hingegen unmittelbar eigenhändig mittels einer Punktschrifttafel und einem Griffel selbst herstellen, ist die eigenhändige Errichtung möglich.[151]

Ist der Erblasser taub oder stumm, kann er ohne weiteres ein eigenhändiges Testament schreiben und unterschreiben.

[148] BGH BeckRS 2021, 37809 Rn 4; OLG Hamburg BeckRS 2016, 6249 Rn 27.
[149] AG Neuss BeckRS 2017, 123132 Rn 14.
[150] BGH BeckRS 2021, 37809 Rn 4; OLG Hamburg BeckRS 2016, 6249 Rn 27; BayObLG BeckRS 2009, 29148.
[151] BeckOK/Litzenburger, § 2247 Rn 4b.

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