1. Allgemeines
Rz. 402
Die Erstellung eines gemeinschaftlichen Testaments ist gem. § 2265 BGB ausdrücklich Ehegatten vorbehalten. Gemäß § 10 Abs. 4 S. 1 LPartG können seit dem 1.8.2001 auch gleichgeschlechtliche Partner, die eine Lebenspartnerschaft begründet haben, ein gemeinschaftliches Testament errichten. Wirksamkeitsvoraussetzung eines gemeinschaftlichen Testaments ist, dass die Ehegatten bzw. die Lebenspartner im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments in gültiger Ehe bzw. Lebenspartnerschaft leben. Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft hingegen können kein gemeinschaftliches Testament errichten.
Rz. 403
Bei der Gestaltung eines Ehegattentestaments besteht die Besonderheit, dass Verfügungen von Todes wegen für zwei Todesfälle angeordnet werden. Es unterscheidet sich dabei insoweit vom Einzeltestament, als beide Ehegatten ihre Verfügungen von Todes wegen in einer gemeinsamen Urkunde niederlegen.
Rz. 404
Ein weiterer Unterschied im Verhältnis zum Einzeltestament besteht darin, dass die Auswirkungen der Wechselbezüglichkeit der Verfügungen (§§ 2270, 2271 BGB) eine gegenseitige Bindungswirkung nach sich ziehen und somit einen materiellen Unterschied bewirken können. Zu beachten ist, dass bei einem gemeinschaftlichen Testament nicht immer Wechselbezüglichkeit vorliegen muss. Die Ehegatten können auch bestimmen, dass keine oder nur einzelne Anordnungen wechselbezüglich sein sollen. Auch können lediglich die Verfügungen eines Ehegatten wechselbezüglich sein. Man spricht dann von der sog. einseitigen Wechselbezüglichkeit. Nur die einzelnen im Testament getroffenen Verfügungen können wechselbezüglich sein, nicht hingegen das gemeinschaftliche Testament als solches.
Rz. 405
In der Praxis macht jedoch gerade die Wechselbezüglichkeit und Bindungswirkung die gemeinsame Verfügung interessant. Die gem. § 2271 Abs. 2 BGB nach dem ersten Todesfall eintretende Bindungswirkung erlaubt es den Ehegatten, sich gegenseitig zu Lebzeiten abzusichern und dennoch den Vermögensfluss in Richtung auf die eigenen Abkömmlinge nach dem Tod des Überlebenden zu steuern.
Rz. 406
Bei der Gestaltung ist darauf zu achten, dass der überlebende Ehegatte durch die Bindungswirkung in seiner letztwilligen Verfügungsfreiheit nicht zu sehr eingeschränkt wird, damit er auf unvorhersehbare Ereignisse nach dem ersten Todesfall noch reagieren kann. Denn genauso wie die Ehegatten bestimmen können, ob eine Verfügung wechselbezüglich sein soll, steht ihnen auch das Recht zu, die Wechselbezüglichkeit und Bindungswirkung einzuschränken und sich eine Änderungsbefugnis vorzubehalten. Dies ist deshalb sinnvoll, weil dann der überlebende Ehegatte entsprechend reagieren kann, wenn beispielsweise ein zum Schlusserben berufenes Kind zwischen dem Eintritt von Erbfall und Schlusserbfall in Vermögensverfall gerät. Wenig sinnvoll ist hingegen eine generelle Freistellungsklausel, da diese zu einer Aufhebung der Bindungswirkung führt.
Rz. 407
Hinweis
Im Hinblick auf die Zulässigkeit und die materielle Wirksamkeit von Verfügungen von Todes wegen finden nunmehr die Art. 24–26 EuErbVO Anwendung.
Rz. 408
Rechtswahl: Wie bereits ausgeführt (siehe Rdn 8), gilt für Erbfälle, die ab dem 17.8.2015 eingetreten sind bzw. eintreten, die EuErbVO. Anknüpfungspunkt für das auf die Erbfolge anwendbare Recht ist gem. Art. 21 EuErbVO der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers. Gemäß Art. 22 EuErbVO besteht jedoch die Möglichkeit der Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts des Erblassers.
Rz. 409
Muster 3.17: Rechtswahl zugunsten der Staatsangehörigkeit
Muster 3.17: Rechtswahl zugunsten der Staatsangehörigkeit
Muster: Rechtswahl zugunsten der Staatsangehörigkeit
Wir, die Eheleute _________________________, sind beide deutsche Staatsangehörige und wählen für die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen sowie für die Zulässigkeit und materielle Wirksamkeit dieser Verfügung von Todes wegen die Anwendung deutschen Rechts.
2. Verfügungen für den ersten Todesfall
Rz. 410
Ebenso wie beim Einzeltestament kann die Alleinerbeneinsetzung des Ehegatten sowohl in Form der Vollerbschaft als auch im Wege der Vor- und Nacherbschaft erfolgen. Ersteres wird auch als sog. Einheitslösung bezeichnet, während Letzteres aufgrund der Entstehung von zwei getrennten Vermögensmassen beim überlebenden Ehegatten als Trennungslösung gekennzeichnet ist. Die Bezeichnung "Berliner Testament" kann als Überbegriff verwendet werden, d.h. sowohl für die Einheitslösung als auch für die Trennungslösung. Die Verwendung dieses Begriffs ist allerdings in der erbrechtlichen Literatur umstritten. Es ist daher anzuraten, jeweils von Einheitslösung un...