Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 206
Bei einer ohne mündliche Erörterung erlassenen einstweiligen Anordnung gilt der Antrag auf deren Erlass zugleich als Antrag zur Zustellung durch den Gerichtsvollzieher unter Vermittlung der Geschäftsstelle und als Auftrag zur Vollstreckung (§ 214 Abs. 2 FamFG).
Praxistipp:
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Jedoch kann gem. § 53 Abs. 2 FamFG die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung bereits vor Zustellung an den Antragsgegner zulässig sein. |
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Eine solche Anordnung nach § 53 Abs. 2 Satz 1 FamFG ist in Gewaltschutzsachen geboten, wenn die Befürchtung besteht, dass der Antragsgegner aufgrund der Zustellung des Beschlusses neue Gewalttaten begeht oder Belästigungen unternimmt. |
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Die Anordnung ist insoweit nicht anfechtbar. Der Beschwerdebeteiligte kann aber nach § 55 FamFG die Aussetzung der Vollstreckung beantragen, wenn ein Antrag nach § 54 FamFG gestellt wird. |
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Zur Strafbarkeit eines Verstoßes siehe § 4 GewSchG. |
Auch ein im Gewaltschutzverfahren geschlossener und ordnungsgemäß protokollierter Vergleich (der nach § 36 Abs. 2 Satz 2 FamFG i.V.m. den §§ 162 Abs. 1, 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO vorgelesen und genehmigt werden muss), mit dem sich die Beteiligten zur Unterlassung bestimmter Handlungen verpflichten, stellt einen Vollstreckungstitel nach §§ 95 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO dar. Zu beachten ist auch § 214a FamFG im Zusammenspiel mit § 4 Satz 1 Nr. 2 FamFG.
In Vollstreckungsverfahren nach § 95 Abs. 1 Nr. 4 FamFG i.V.m. §§ 890 ff. ZPO – Unterlassungsanordnung nach dem GewSchG – reicht eine bloße Glaubhaftmachung der Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungsverpflichtung nicht aus. Der Vollstreckungsschuldner kann nicht den Einwand vorbringen, dass es an einer nach § 1 Abs. 1 Satz 2 GewSchG gebotenen Befristung fehlt.
KG v. 22.9.2020 – 16 WF 1113/20
Zitat
Der Gläubiger eines Gewaltschutzbeschlusses, der die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den Schuldner beantragt, hat die behaupteten Verstöße des Schuldners gegen die gerichtliche Anordnung nachvollziehbar, plastisch und detailreich zu schildern, wobei dazu im Einzelfall auch eine Schilderung der Umstände gehören kann, wie die behaupteten Verstöße von ihm festgestellt worden sind.
Im Vollstreckungsverfahren ist vom Gläubiger der Vollbeweis eines schuldhaften Verstoßes des Schuldners gegen die ergangene Gewaltschutzanordnung zu führen. Dabei bleibt es auch dann, wenn die Gewaltschutzanordnung in einem einstweiligen Anordnungsverfahren auf die bloße Glaubhaftmachung der Anordnungsvoraussetzungen ergangen ist.
Rz. 207
Die Höhe des Ordnungsgeldes hängt von der Schwere der Tat und ihrem Unwertgehalt, dem Grad des Verschuldens beim Täter und seinen wirtschaftlichen Verhältnissen sowie den Folgen für die zu schützende Person ab. Bei wiederholtem Verstoß ist das Ordnungsgeld in der Regel zu erhöhen, weil davon auszugehen ist, dass die bisherigen Ordnungsmittel eine zu geringe Sanktionswirkung hatten.