I. Gesetzliche Grundlage
Rz. 151
Die Vorschrift § 802l ZPO (in Kraft seit dem 1.1.2022) wurde mit dem Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes umfassend geändert. Die Einholung von Drittauskünften ist nur zulässig, wenn
1. |
die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Schuldner nicht zustellbar ist und
a) |
die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Abs. 1 und 2 ZPO genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder |
b) |
die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Schuldners bekannt ist, oder |
c) |
die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erteilung des Vollstreckungsauftrags die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Schuldners bekannt ist; |
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2. |
der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft in dem der Maßnahme nach S. 1 zugrundeliegenden Vollstreckungsverfahren nicht nachkommt oder |
3. |
bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten ist. |
Die Auskunft zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ist weiterhin nur zulässig, wenn der Gläubiger die berufsständische Versorgungseinrichtung bezeichnet und tatsächliche Anhaltspunkte nennt, die nahelegen, dass der Schuldner Mitglied dieser berufsständischen Versorgungseinrichtung ist, § 802l Abs. 1 S. 3 ZPO.
Rz. 152
Die Voraussetzungen knüpfen an die Formulierung in § 806a Abs. 1 ZPO zu den Mitteilungen und Befragungen des Gerichtsvollziehers an, wobei die Regelung in § 806a ZPO auf freiwilliger Basis des Schuldners oder der zum Hausstand des Schuldners gehörenden erwachsenen Personen basiert.
Rz. 153
Liegen die Voraussetzungen nach § 802l Abs. 1 ZPO vor, muss es dem Gläubiger möglich sein, die Vermögenssituation des Schuldners anhand objektiver Informationsquellen zu überprüfen, um geeignete Vollstreckungsobjekte aufzufinden. Dadurch soll zugleich die Bereitschaft des Schuldners zu wahrheitsgemäßen Angaben bei der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO gefördert und der Strafandrohung der §§ 156, 163 StGB Nachdruck verliehen werden.
Rz. 154
Die Einholung der Drittauskünfte ist aber nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen des § 802l Abs. 1 ZPO zulässig. Bis zum 31.12.2021 war die Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO nur dann zulässig, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkam oder bei einer Vollstreckung in die im Vermögensverzeichnis aufgeführten Gegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten war. Mit der Neuregelung ist die Einholung von Drittauskünften auch zulässig, wenn eine Zustellung der Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft wegen unbekannten Aufenthalts des Schuldners nicht möglich ist.
Rz. 155
Im Zusammenhang mit der Regelung in § 802l Abs. 1 S. 2 Nr. 1a ZPO ist es unerheblich, wer die aktuelle Anschrift des Schuldners ermittelt hat. Teilt der Gläubiger dem Gerichtsvollzieher bereits mit Erteilung des Vollstreckungsauftrags eine aktuell ermittelte Anschrift i.S.v. § 755 Abs. 1 ZPO mit und ist die Zustellung an diese Anschrift nicht möglich, können unmittelbar die Drittauskünfte eingeholt werden.
Rz. 156
§ 802l Abs. 1 S. 2 Nr. 1b ZPO erfasst die Fälle, wenn die Meldebehörde, die für die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, zuständig ist, nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Schuldners bekannt ist. Die Meldebehörde hat zwar Kenntnis davon, dass der Schuldner unter der zuletzt gemeldeten Anschrift nicht mehr wohnhaft ist, ihr ist aber keine neue Anschrift bekannt.
Rz. 157
§ 802l Abs. 2 S. 1 Nr. 1c ZPO betrifft die Fälle, in denen eine Meldeauskunft bereits vor Erteilung des Vollstreckungsauftrags eingeholt wurde und diese ergibt, dass der Meldebehörde keine derzeitige Anschrift des Schuldners bekannt ist. In solchen Fällen ist es weder erforderlich noch möglich, einen Zustellungsversuch zu unternehmen.
Rz. 158
§ 802l Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO entspricht weitgehend dem bisherigen Recht. Voraussetzung für die Einholung der Drittauskunft ist, dass der Schuldner in dem der Drittauskunft zugrundeliegenden Verfahren seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist. Ein anderes Verfahren desselben oder eines anderen Gläubigers, in dem der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist, ist unbeachtlich.
Rz. 159
Drittauskünfte nach Abgabe einer Vermögensauskunft sind nicht nur einzuholen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Schuldner unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat und durch die Drittauskünfte neue Erkenntnisse zu erwarten sind, § 802l Abs. 1...