Rz. 136
Hat der Schuldner die Vermögensauskunft abgegeben, ist er zunächst in den nächsten zwei Jahren vor einer nochmaligen Abgabe geschützt. Ein innerhalb der Sperrfrist des § 802d Abs. 1 ZPO irrtümlich erlassener Haftbefehl ist von Amts wegen aufzuheben. Die Aufhebungsentscheidung hat der Rechtspfleger zu treffen. Hat der Schuldner indessen in dem ersten Vermögensverzeichnis unwahre Angaben gemacht, so steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Wiederholung der eidesstattlichen Versicherung zu (hierzu s. Rdn 88 ff.). Erklärt sich der Gläubiger mit der Vorlage eines notariellen Vermögensverzeichnisses einverstanden, ist es rechtsmissbräuchlich, innerhalb von zwei Jahren das erneute Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft zu beauftragen.
Rz. 137
Die Zwei-Jahres-Frist gilt gegenüber allen Gläubigern und ist durch den Gerichtsvollzieher von Amts wegen zu beachten, auch wenn die Verpflichtung zur Einsicht in das Vermögensverzeichnisregister (Schuldnerverzeichnis) in § 802d ZPO nicht ausdrücklich vorgesehen ist, § 135 GVGA. Die Beschränkung des Vollstreckungsauftrags auf den Fall, dass der Schuldner innerhalb der zweijährigen Sperrfrist noch keine Vermögensauskunft abgegeben hat, stellt keine zulässige innerprozessuale Bedingung dar. Im Kostenverzeichnis des GvKostG existiert in Ermangelung einer gesetzlichen Auftragsmöglichkeit kein Gebührentatbestand für die isolierte Einsichtnahme in das Vermögensverzeichnis. Nach der im Vollstreckungsverfahren geltenden Dispositionsmaxime muss der Gläubiger in seinem Auftrag konkret angeben, welche Maßnahme der Gerichtsvollzieher ergreifen soll. Zwar sind Bedingungen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Zulässig sind aber ausschließlich innerprozessuale Bedingungen. Solche liegen nur vor, wenn sie zum einen an ein Ereignis im Verfahrensablauf der Zwangsvollstreckung anknüpfen und der Gerichtsvollzieher deren Eintritt zum anderen problemlos, insbesondere ohne Beweiserhebung, feststellen kann. Durch die Bedingung dürfen ferner keine Gebührentatbestände umgangen werden.
Rz. 138
Mit dem Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung (EuKoPfVODG) vom 21.11.2016 (BGBl I, 2591) wurde u.a. in § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO neugefasst. Ergänzt wurde der Halbsatz: "ein Verzicht des Gläubigers auf die Zuleitung ist unbeachtlich".
Rz. 139
Zahlreiche Gläubiger beantragten dem Schuldner gemäß § 802f ZPO die Vermögensauskunft abzunehmen. Sollte der Schuldner jedoch innerhalb der letzten zwei Jahre eine Vermögensauskunft bereits abgegeben haben, wurde beantragt, einen Abdruck des beim Gericht bzw. beim zentralen Vollstreckungsgericht hinterlegten Vermögensverzeichnisses zuzuleiten, wenn das Verzeichnis nicht älter als zwölf Monate (oder auch eine kürzere Frist) ist. In diesem Fall wurde bereits Antragsrücknahme erklärt. Diese bedingte Antragstellung wurde vielfach als unzulässig angesehen, insbesondere wurde um die Gebühr GVKostG KV 261 gestritten.
Rz. 140
Der BGH bejahte das Recht des Gläubigers zu einem bedingten Antrag. Das Vollstreckungsverfahren dient der Durchsetzung der Gläubigerinteressen. Dementsprechend gilt die Dispositionsmaxime. Der Gläubiger bestimmt Beginn, Art und Ausmaß des Vollstreckungszugriffs und kann seine Vollstreckungsanträge jederzeit zurücknehmen. Ist der Gläubiger befugt, das Verfahren jederzeit zum Stillstand zu bringen oder seinen Vollstreckungsantrag zurückzunehmen, ist ihm grundsätzlich auch nicht verwehrt, seinen Vollstreckungsauftrag von vornherein in einer Weise zu beschränken, die der Gerichtsvollzieher ohne Weiteres überprüfen kann. Dem Wortlaut des § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO ist nicht zu entnehmen, dass dem Gläubiger auch gegen seinen Willen eine Abschrift des bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu übersenden ist. Der Streit hat sich durch die nur wenige Wochen später in Kraft getretene Gesetzesergänzung, wonach ein Verzicht des Gläubigers auf die Zuleitung des Vermögensverzeichnisses unbeachtlich ist, erledigt. Ein sog. "bedingter Antrag" ist unbeachtlich.
Rz. 141
Der Gläubiger darf die erlangten Daten nur zu Vollstreckungszwecken nutzen und hat die Daten nach Zweckerreichung zu löschen; hierauf ist er vom Gerichtsvollzieher hinzuweisen. Von der Zuleitung eines Ausdrucks an den Gläubiger setzt der Gerichtsvollzieher den Schuldner in Kenntnis und belehrt ihn über die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (§ 882c ZPO).