Rz. 142
Das Begehren einer erneuten Vermögensauskunft gemäß § 802d ZPO setzt ein völlig neues Auskunftsverfahren in Gang. Der Schuldner ist zur erneuten Abgabe innerhalb dieser Frist nur verpflichtet, wenn der Gläubiger Tatsachen glaubhaft macht, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen, § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO.
Rz. 143
Der Gläubiger muss daher nicht – wie früher – glaubhaft machen, dass der Schuldner später Vermögen erworben hat. Die Glaubhaftmachung bezieht sich nur auf die Tatsache der wesentlichen Veränderung der Vermögensverhältnisse.
Rz. 144
Nicht ausreichend ist z.B.:
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ein Hinweis auf die Fortführung eines selbstständigen Gewerbebetriebs, |
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der Hinweis des Gläubigers, dass der Schuldner als Ausländer wiederholt Reisen in seine Heimat unternimmt, |
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der Hinweis auf die Auflösung der bestehenden Kontoverbindung, |
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der Hinweis, dass eine im Vermögensverzeichnis angegebene selbstständige Tätigkeit nie gewerberechtlich angemeldet wurde. |
Rz. 145
Ausreichend hingegen ist z.B.:
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wenn der Schuldner nach vorheriger Arbeitslosigkeit eine selbstständige Tätigkeit aufnimmt, welches der Gläubiger durch Vorlage einer Gewerberegisterauskunft glaubhaft macht, |
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wenn der Schuldner kurz vor Abgabe der Vermögensauskunft ein selbstständiges Gewerbe (hier: Café) aufgibt, denn es ist davon auszugehen, dass der Schuldner sich wieder um die Schaffung einer ständigen Erwerbsquelle bemüht hat, |
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wenn der Schuldner als Selbstständiger tätig ist und sein bisher ausgeübtes Erwerbsverhältnis aufgelöst hat, |
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wenn der Schuldner im Vermögensverzeichnis lediglich angegeben hat, seine Schwester komme für seine Wohnungsmiete auf und leiste ihm darüber hinaus nur noch Naturalunterhalt, insbesondere dann, wenn es sich um einen jungen Schuldner mit abgeschlossener Berufsausbildung handelt, |
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der Hinweis des Gläubigers auf mehrere, insbesondere in kurzen zeitlichen Abständen, aufeinanderfolgende Teilzahlungen des Schuldners auf die titulierte Forderung, |
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ein Wohnungswechsel nach Abgabe der Vermögensauskunft, da durch den Umzug nicht auszuschließen ist, dass der Schuldner bei seinem neuen Vermieter eine Mietkaution hinterlegen musste, die einen pfändbaren Vermögensgegenstand darstellt. |
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Auch die Glaubhaftmachung der Auflösung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses könnte ausreichend sein. Hierbei ist unter dem Begriff Arbeitsverhältnis jede Einkommens- bzw. Erwerbsmöglichkeit gemeint. Auf den Verlust einer Witwenpension oder Sozialrente ist die Vorschrift des § 802d ZPO entsprechend anzuwenden. Ein Arbeitsverhältnis im Sinne dieser Vorschrift setzt nur eine Betätigung des Schuldners voraus, aus der Arbeitseinkommen i.S.d. § 850 Abs. 2 ZPO erzielt wird. |
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Der Hinweis auf eine Heirat der Schuldnerin und die Tatsache eines Wechsels der Steuerklasse durch Vorlage einer Gehaltsabrechnung lässt auf eine wesentliche Änderung der Vermögensverhältnisse schließen. |
Rz. 146
Ausreichend ist auch die Tatsache, dass der Schuldner eine Umschulungsmaßnahme des Arbeitsamtes beendet hat oder der Wegfall von Arbeitslosengeld oder -hilfe.
Rz. 147
Überspannte Anforderungen sind jedoch an den Gläubigervortrag und dessen Glaubhaftmachung nicht zu stellen. Durch geschickte Argumentation im Antrag kann der Gläubiger häufig erreichen, dass der Schuldner auch vor Ablauf der Zwei-Jahres-Frist erneut zur Abgabe der Vermögensauskunft vorzuladen ist. War der Schuldner bei Abgabe der ersten Versicherung arbeitslos, muss der Gläubiger nicht nachweisen, dass der Schuldner jetzt einen neuen Arbeitsplatz gefunden hat, es genügt vielmehr die Tatsache, dass unter Berücksichtigung
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des Alters, |
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des Berufs, |
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des Familienstands und |
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der Arbeitsfähigkeit |
des Schuldners nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass ein arbeitswilliger Schuldner wieder einen Arbeitsplatz hat finden können.
Rz. 148
Je nach Alter des Schuldners wird eine Frist zwischen sechs Monaten und einem Jahr anzuerkennen sein. Eine ebenfalls ausreichende Glaubhaftmachung ist die Tatsache, dass der voll leistungsfähige Schuldner einen Beruf erlernt hat, der nunmehr wieder erhöhte Einstellungschancen bietet.
Rz. 149
Beispiele
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Bei einer 48-jährigen Schuldnerin – gelernte Kauffrau – kann nach Ablauf von ein bis zwei Jahren davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin zwischenzeitlich wieder eine neue Arbeit gefunden bzw. andere Erwerbsquellen aufgetan hat. |
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Gibt der Schuldner im Vermögensverzeichnis an, dass er Wohngeld beantragt habe, ein Bewilligungsbescheid aber noch nicht vorläge, sind ca. drei Monate später die Voraussetzungen für ein Verfahren auf wiederholte Abgabe der Vermögensauskunft gegeben. |
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Der 48-jährige Schuldner gibt an, er beziehe keinerlei Einkommen und werde von seiner Verlobten unterstützt. |
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Bei Selbstständigen kann bereits vor Ablauf der Zwei-Jahres-Frist nach allgemeiner Lebenserfahrung vermutet werden, dass ein Vermögenserwer... |