Rz. 112
Die Verhaftung des Schuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. Zuständig für die Vollziehung eines erlassenen Haftbefehls zur Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft ist der Gerichtsvollzieher am Aufenthaltsort des Schuldners. Das ursprüngliche Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft endet mit dem Erlass des Haftbefehls. Der Gerichtsvollzieher händigt dem Schuldner von Amts wegen bei der Verhaftung eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls aus, § 802g Abs. 2 ZPO.
Rz. 113
Der Einsatz von durch den Gerichtsvollzieher mitgebrachten Privatpersonen als "Verhaftungsgehilfen" zum Brechen von möglichem Widerstand ist wegen Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Regelung nicht zulässig. Dadurch entstandene Kosten dürfen nicht in Rechnung gestellt werden. Der Gerichtsvollzieher sollte bei Widerstand um Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachsuchen, § 753 Abs. 3 ZPO. Insoweit erweitert § 757a ZPO die Möglichkeit der polizeilichen Unterstützung bereits im Vorfeld einer Vollstreckungshandlung, da § 758a Abs. 3 ZPO voraussetzt, dass der Gerichtsvollzieher tatsächlich erst auf Widerstand bei der Vollstreckung stoßen muss (hierzu § 2 Rdn 115).
Rz. 114
Zu verhaften ist immer der Schuldner persönlich. Eine Haftanordnung "gegen den Schuldner" kann nicht in eine solche gegen dessen gesetzlichen Vertreter, z.B. den Pfleger, umgedeutet werden, auch wenn alle Vorinstanzen und der Beschwerdeführer davon ausgegangen sind. Vor der Verhaftung einer Schuldnerin mit versorgungsbedürftigen Kindern hat der Gerichtsvollzieher das zuständige Jugendamt zu benachrichtigen, wenn die Versorgung der Kinder nicht anderweitig gewährleistet ist. Ein Haftbefehl kann auch nicht gegen den rechtsgeschäftlichen Vertreter einer Zweigniederlassung einer juristischen Person erlassen werden. Der Haftbefehl muss sich vielmehr gegen den organschaftlichen gesetzlichen Vertreter richten.
Rz. 115
Für die Verhaftung des Schuldners aufgrund eines nach § 284 Abs. 8 AO ergangenen Haftbefehls ist ebenfalls der Gerichtsvollzieher zuständig, nicht der Vollziehungsbeamte der Finanzbehörde.
Rz. 116
Die Verhaftung des Schuldners erfolgt überall dort, wo der Gerichtsvollzieher ihn antrifft (§ 802i ZPO). Ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Anwesenheit des Schuldners in seiner gemeldeten Wohnung, so kann der Gerichtsvollzieher die zwangsweise Öffnung der Wohnung zum Zwecke der Vollstreckung des Haftbefehls zur Abnahme der Vermögensauskunft ablehnen. Von einer Verhaftung des Schuldners ist abzusehen, wenn sie aufgrund seines Gesundheitszustands mit lebensbedrohenden Risiken verbunden ist. In diesem Fall hat der Gerichtsvollzieher die Abnahme in der Wohnung des Schuldners zu prüfen und durchzuführen. Verweigert der Schuldner auch dort die Abgabe, sind an den Haftaufschub besonders strenge Voraussetzungen zu stellen, da der Schuldner die Haft durch pflichtgemäßes Verhalten jederzeit abwenden kann.
Rz. 117
Ein amtsärztliches Attest ist auch nach einem Jahr noch ausreichend, die Haftunfähigkeit des Schuldners zu begründen, wenn der Amtsarzt darin zum Ausdruck gebracht hat, dass mit einer Besserung des Gesundheitszustandes des Schuldners in Zukunft nicht zu rechnen ist. In Ausnahmefällen ist die Vermögensauskunft auch im Krankenhaus zu leisten.
Rz. 118
Die Zwangsvollstreckung nicht gerade vereinfachend ist ein Beschluss des BGH, mit dem für die Vollstreckung eines Haftbefehls (§ 802i ZPO) in der Wohnung des Schuldners zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen eine besondere Anordnung des Amtsrichters gefordert wird.
Rz. 119
Die Abberufung eines Geschäftsführers einer GmbH nach Erlass des Haftbefehls stellt keinen Grund für eine Aufhebung dar.
Rz. 120
Wird dem Gerichtsvollzieher allerdings nachgewiesen, dass der Geschäftsführer durch Gesellschafterbeschluss abberufen und durch einen anderen Geschäftsführer ersetzt worden ist, so hat die Verhaftung des abberufenen Geschäftsführers zu unterbleiben.
Rz. 121
Wird eine GmbH während des Zwangsvollstreckungsverfahrens wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht, bleibt der Haftbefehl gegen den bisherigen Geschäftsführer bestehen. Allerdings ist der neu bestellte Geschäftsführer erneut vorzuladen, da der "alte" Haftbefehl gegen den ehemaligen Geschäftsführer nicht gegen den neuen gesetzlichen Vertreter wirkt und auch nicht "umgeschrieben" werden kann. Ein Haftbefehl, der lediglich den "jeweiligen Geschäftsführer" ausweist, ist zur Zwangsvollstreckung nicht geeignet.
Rz. 122
Kostenhinweis
Für die Verhaftung des Schuldners erhält der Gerichtsvollzieher die Gebühr nach GvKostG KV:
270 |
Verhaftung, Nachverhaftung, zwangsweise Vorführung |
42,90 EUR |