1. Überblick
Rz. 32
Obsiegt die bedürftige Partei, kann der ihr beigeordnete Anwalt nach § 126 ZPO die Wahlanwaltsvergütung aus eigenem Recht gegen den erstattungspflichtigen Gegner festsetzen lassen und bei diesem beitreiben.
Rz. 33
Eine Einrede aus der Person der Partei ist nicht zulässig (§ 126 Abs. 2 S. 1 ZPO). Der Gegner kann nur mit Kosten aufrechnen, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen Entscheidung von der bedürftigen Partei zu erstatten sind (§ 126 Abs. 2 S. 2 ZPO), nicht aber mit sonstigen Ansprüchen. Faktisch wird damit die Rechtsfolge der §§ 412, 404, 406 BGB ausgeschlossen.
Rz. 34
Der Ausschluss von Einreden aus der Person der Partei (sog. Verstrickung) tritt bereits mit der Entstehung des Kostenerstattungsanspruchs ein und ist so lange gerechtfertigt, wie der beigeordnete Rechtsanwalt die Kostenforderung noch im eigenen Namen geltend machen kann.
2. Volle Kostenlast des Gegners
a) Mit der Landeskasse ist noch nicht abgerechnet
Rz. 35
Soweit der Anwalt mit der Landeskasse noch nicht abgerechnet hat, kann er seinen Erstattungsanspruch uneingeschränkt geltend machen.
Beispiel 12: Festsetzung der vollen Gebühren gegen den Gegner
Der Anwalt wird seiner Partei zur Abwehr einer Klage in Höhe von 8.000,00 EUR im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet. Es kommt zur mündlichen Verhandlung. Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen. Der Anwalt hat mit der Staatskasse noch nicht abgerechnet.
Der Anwalt kann jetzt seine Wahlanwaltsvergütung nach § 126 ZPO gegen den Kläger im eigenen Namen in vollem Umfang festsetzen lassen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 13 RVG |
|
652,60 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 13 RVG |
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602,40 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.275,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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242,25 EUR |
Gesamt |
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1.517,25 EUR |
Eine Aufrechnung des Gegners oder anderweitige Einwände, soweit sie die bedürftige Partei betreffen, sind nicht nach § 126 Abs. 1 S. 1 ZPO zulässig.
Rz. 36
Soweit der Anwalt die volle Kostenerstattung vom Gegner erhält, ist die nachträgliche Inanspruchnahme der Landeskasse nicht möglich.
Rz. 37
Soweit der Anwalt allerdings keine volle Kostenerstattung vom Gegner erhält, kann er mit den Landeskasse noch abrechnen. Ein solcher Fall kann sich z.B. bei den Reisekosten ergeben.
Beispiel 13: Festsetzung der vollen Gebühren gegen den Gegner, weitergehende Abrechnung mit der Landeskasse
Der Anwalt aus Bonn wird der in Köln wohnenden Partei zur Abwehr einer Klage vor dem AG Köln im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet. Es kommt zur mündlichen Verhandlung. Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen. Der Anwalt hat mit der Staatskasse noch nicht abgerechnet.
Der Anwalt kann jetzt seine Wahlanwaltsvergütung nach § 126 ZPO gegen den Kläger im eigenen Namen in vollem Umfang festsetzen lassen. Allerdings werden seine Reisekosten nicht erstattet, da die Partei in Köln wohnt und es im Gerichtsbezirk auch keine auswärtigen Anwälte gibt, sodass eine Erstattung bis zur höchstmöglichen Entfernung im Gerichtsbezirk ausscheidet.
Von der Landeskasse kann der Anwalt zwar jetzt keine Gebühren mehr verlangen und auch keine Postentgeltpauschale. Er kann aber die Reisekosten noch mit der Landeskasse abrechnen, da er uneingeschränkt beigeordnet worden ist, auch wenn dies nicht zulässig war (siehe Rdn 82).
b) Mit der Landeskasse ist bereits abgerechnet
Rz. 38
Soweit der Anwalt die Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bereits in Anspruch genommen hat, kann er nur den Differenzbetrag zwischen der Wahlanwaltsvergütung und der PKH-Vergütung festsetzen lassen.
Beispiel 14: Festsetzung der Differenz gegen den Gegner
Im Beispiel 12; jedoch hat der Anwalt des Klägers bereits mit der Staatskasse abgerechnet.
Der Anwalt hat aus der Landeskasse also jetzt bereits erhalten:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG |
|
412,10 EUR |
|
(Wert: 8.000,00 EUR) |
|
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG |
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380,40 EUR |
|
(Wert: 8.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
812,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
154,38 EUR |
Gesamt |
|
966,88 EUR |
Er kann jetzt nach § 126 ZPO gegen den Gegner in eigenem Namen festsetzen lassen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 13 RVG |
|
652,60 EUR |
|
(Wert: 8.000,00 EUR) |
|
|
2. |
./. bereits von der Staatskasse gezahlter |
|
– 412,10 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 13 RVG |
|
602,40 EUR |
|
(Wert: 8.000,00 EUR) |
|
|
4. |
./. bereits von der Staatskasse gezahlter |
|
– 380,40 EUR |
5. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
6. |
./. bereits von der Staatskasse gezahlter |
|
– 20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
462,50 EUR |
|
7. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
87,88 EUR |
Gesamt |
|
550,38 EUR |
Insgesamt erhält der Anwalt also:
aus der Landeskasse |
966,88 EUR |
vom Gegner |
550,38 EUR |
Gesamt |
1.517,26 EUR |
und damit insgesamt einen Betrag, der genau der Wahlanwaltsvergütung entspricht.
3. Quotale Kostenlast des Gegners
a) Festsetzung
Rz. 39
Sind die Kosten nach Quoten verteilt, kann der Anwalt den Gegner auf die Quote in Anspruch nehmen, die dieser zu tragen hat. Allerdi...