Rz. 175
In einer Entscheidung vom 16.7.2015 stellte der BGH wichtige Leitsätze für die Risikoverteilung zwischen Rechtsberater und Mandanten im Regressverfahren auf. Im Zusammenhang mit Vergütungsvereinbarungen ist der vierte amtliche Leitsatz dieser Entscheidung von besonderem Interesse.
Rz. 176
Er lautet wie folgt:
Zitat
"4. Vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten in Form anwaltlichen Zeithonorars können als Schaden grundsätzlich bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren erstattet verlangt werden, weitergehende Kosten nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn der Geschädigte dies nach den besonderen Umständen des Einzelfalls für erforderlich und zweckmäßig halten durfte, wofür er darlegungspflichtig ist."
Rz. 177
Grundsätzlich zählen zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen eines Geschädigten auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH hat ein Schädiger jedoch nicht schlechterdings alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.
Rz. 178
In einfach gelagerten Fällen ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts nur erforderlich, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung verzögert wird.
In nicht einfach gelagerten Fällen ist grundsätzlich das Anwaltshonorar bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren erstattungsfähig.
Rz. 179
Wird nicht ein materiell rechtlicher Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht, sondern vielmehr ein prozessualer i.S.d. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, so sind als erstattungsfähige "gesetzliche Gebühren und Auslagen" lediglich die Gebühren nach RVG zu erstatten und nicht ein aufgrund einer Vergütungsvereinbarung mit dem Anwalt übersteigendes gesetzliches Honorar.
Rz. 180
Für den materiell rechtlichen Kostenerstattungsanspruch verweist der BGH auf § 3a Abs. 1 S. 3 RVG. Hier ist normiert, dass im Fall einer Vergütungsvereinbarung ein Hinweis an den Mandanten auf die begrenzte Kostenerstattungspflicht bis maximal zu den gesetzlichen Gebühren dem Mandanten erteilt werden muss. Dieser gesetzlich zwingend vorgesehene Hinweis an den Mandanten wäre sinnlos, wenn ein die gesetzliche Vergütung übersteigendes vereinbartes Honorar erstattungsfähig wäre. Nach der Gesetzesbegründung zu § 3a RVG, auf die der BGH verweist, muss der Rechtssuchende die von ihm zu zahlende Vergütung, soweit sie die gesetzlichen Gebühren übersteigt, grundsätzlich selbst tragen. Allerdings, so der BGH, könne derjenige, der sich schadenersatzpflichtig gemacht hat, in besonderen Fällen auch verpflichtet sein, höhere Aufwendungen aus einer Honorarvereinbarung zu erstatten. Dies gilt dann, wenn der Geschädigte auch diese Mehraufwendungen wegen der besonderen Lage des Falls für erforderlich und zweckmäßig halten durfte. Dies kann nach Ansicht des BGHs dann anzunehmen sein, wenn ein zur Vertretung bereiter und geeigneter Rechtsanwalt zu den gesetzlichen Gebühren nicht bereit ist, tätig zu werden, z.B. weil der Rechtstreit aufwendig ist oder der Streitwert nur gering, aber auch, wenn ein erforderlicher spezialisierter Anwalt zu den gesetzlichen Gebühren nicht gefunden werden kann.
Rz. 181
Im vorliegenden Fall betrug der Streitwert über 2,1 Mio. EUR, die Geschäftsgebühr einschließlich Erhöhung lag bei rd. 14.300,00 EUR, so dass der BGH wegen des hohen Werts nicht ohne weiteres die Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit höherer als der gesetzlichen Gebühren angenommen hatte.
Rz. 182
Ein Anspruchsteller muss die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit seiner Aufwendungen darlegen und ist hierfür beweispflichtig.