Rz. 170
Im Oktober 2015 hat der BGH eine Entscheidung zu der Frage getroffen, unter welchen Voraussetzungen ein Mandant ein gezahltes Honorar wieder zurückfordern kann, wenn die von ihm unterzeichnete Honorarvereinbarung nicht die gesetzlich vorgeschriebene Form hat.
Zitat
"Zu den Voraussetzungen, unter denen die Rückforderung von vereinbartem Anwaltshonorar nach Treu und Glauben ausgeschlossen ist, wenn bei der Vereinbarung des Honorars die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht eingehalten wurde.""
Rz. 171
In einer Strafsache haben die Anwälte ihren Auftraggeber vertreten und im Rahmen der Beratung am Ende der Besprechung gesagt, es müsse nun eine Honorarvereinbarung geschlossen werden. Dieser hat dann erwidert, "er brauche keine Honorarvereinbarung; für ihn sei die Bezahlung seiner Anwälte eine Sache der Ehre, er habe seine Anwälte immer bezahlt und werde dies auch weiterhin tun." Die auf Rückzahlung verklagten Anwälte sahen in dieser Aussage auch einen Verzicht auf etwaige Rückforderungsansprüche.
Rz. 172
Im vorliegenden Rechtsstreit (Wiederaufnahmeverfahren) ging es unter anderem um die Rückzahlung der Differenz zwischen dem mündlich vereinbarten Honorar in Höhe von 25.000 EUR und der gesetzlichen Vergütung für diese Angelegenheit in Höhe von 1.102,18 EUR.
Rz. 173
Da die nach § 3a Abs. 1 S. 1 RVG vorgeschriebene Textform nicht eingehalten worden war, handelte es sich um eine fehlerhafte (nicht nichtige!) Vergütungsvereinbarung, mit der Folge, dass der Auftraggeber die vereinbarte Vergütung, maximal aber die gesetzliche Vergütung schuldete. Da hier die gesetzliche Vergütung niedriger als die vereinbarte war, schuldete der Auftraggeber lediglich die gesetzliche Vergütung.
Nach Ansicht des BGH war der sich hieraus ergebende Anspruch des Klägers auf Herausgabe der über die gesetzlichen Gebühren hinaus erbrachten Zahlungen (§ 4b Satz 2 RVG, § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt BGB) nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen.
Rz. 174
Nach § 814 BGB kann das zur Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Die Anwendung von § 814 BGB setzt damit voraus, dass der Leistende zum Zeitpunkt seiner Leistung/Zahlung positiv gewusst hat, nicht zur Leistung verpflichtet gewesen zu sein. Der BGH:
Zitat
"Allein die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen der rechtlichen Verpflichtung ergibt, genügt nicht. Der Leistende muss auch gewusst haben, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet."
Im vorliegenden Fall konnte nach Ansicht des BGH ein solches positives Wissen des Auftraggebers auch nicht aus der Äußerung, "er brauche keine Honorarvereinbarung; die Zahlung der Anwaltskosten sei für ihn Ehrensache", geschlossen werden. Vor allem hätte man hieraus nicht schließen können, dass der Auftraggeber gewusst hat, dass er keine Zahlung leisten muss; es könne vielmehr auch möglich sein, dass diese Äußerungen des Auftraggebers lediglich die Frage des Nachweises betroffen hätten. Im Übrigen seien an einen Verzichtswillen strenge Anforderungen zu stellen, die im hier entschiedenen Fall nicht erfüllt seien.