a) Gesetzliche Bestimmung – § 4a RVG
Rz. 130
§ 4a RVG enthält die Ausnahmeregelungen, unter welchen Voraussetzungen das vom Grundsatz her gem. § 49b Abs. 2 BRAO unzulässige Erfolgshonorar in engen Ausnahmen vereinbart werden darf. § 4a RVG wurde zum 1.10.2021 durch den Gesetzgeber erheblich geändert, wobei hier weitgehend sogenannte Inkassomandate betroffen sind. Für Familiensachen spielt aber die Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 4a Abs. 2 RVG auch auf außergerichtliche Tätigkeiten (davor beschränkt auf gerichtliche Verfahren) durchaus eine Rolle.
Zitat
§ 4a RVG
"(1) 1Ein Erfolgshonorar (§ 49b Absatz 2 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung) darf nur vereinbart werden, wenn"
1. sich der Auftrag auf eine Geldforderung von höchstens 2.000 EUR bezieht,
2. eine Inkassodienstleistung außergerichtlich oder in einem der in § 79 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 der Zivilprozessordnung genannten Verfahren erbracht wird oder
3. der Auftraggeber im Einzelfall bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.
2Eine Vereinbarung nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 ist unzulässig, soweit sich der Auftrag auf eine Forderung bezieht, die der Pfändung nicht unterworfen ist. 3Für die Beurteilung nach Satz 1 Nummer 3 bleibt die Möglichkeit, Beratungs- oder Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen, außer Betracht.
(2) In anderen als den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Angelegenheiten darf nur dann vereinbart werden, dass für den Fall des Misserfolgs keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung zu zahlen ist, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird.
(3) In eine Vereinbarung über ein Erfolgshonorar sind aufzunehmen:
1. die Angabe, welche Vergütung bei Eintritt welcher Bedingungen verdient sein soll,
2. die Angabe, ob und gegebenenfalls welchen Einfluss die Vereinbarung auf die gegebenenfalls vom Auftraggeber zu zahlenden Gerichtskosten, Verwaltungskosten und die von diesem zu erstattenden Kosten anderer Beteiligter haben soll,
3. die wesentlichen Gründe, die für die Bemessung des Erfolgshonorars bestimmend sind, und
4. im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 die voraussichtliche gesetzliche Vergütung und gegebenenfalls die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen.“
b) Ausnahme vom Erfolgshonorarverbot
Rz. 131
In § 4a RVG sind die Ausnahmen zum Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars geregelt.
Grundregel ist, dass ein Erfolgshonorar nur vereinbart werden darf
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wenn der Auftrag sich auf eine Geldforderung bis max. 2.000,00 EUR bezieht (Ausnahme: es handelt sich um eine unpfändbare Forderung, siehe hierzu auch § 851 ZPO), § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RVG |
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eine Inkassodienstleistung außergerichtlich oder in einem der in § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO genannten Verfahren erbracht wird (Mahnverfahren bis zur Abgabe an das Streitgericht sowie ZV-Maßnahmen außerhalb der Immobiliarvollstreckung und außerhalb streitiger Verfahren (einschl. deren Einleitung) (Ausnahme: es handelt sich um eine unpfändbare Forderung, siehe hierzu auch § 851 ZPO), § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 RVG |
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der Auftraggeber im Einzelfall bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde, § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 RVG. |
Rz. 132
Nicht zulässig ist es, beispielsweise mit einem bestimmten Mandanten generell erfolgsorientierte Vergütungsvereinbarungen für die Zukunft abzuschließen, wenn ein Fall des § 4a Abs. 1 Nr. 3 RVG gegeben ist. Zu den weiteren Voraussetzungen siehe § 4 Abs. 3 Nr. 1–4 RVG.
Rz. 133
In Familiensachen dürfte regelmäßig ein Erfolgshonorar gem. § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 RVG in Betracht kommen, seltener solche nach § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 u. 2 RVG.
c) Betriff der "verständigen Betrachtung"
Rz. 134
Voraussetzung bei Erfolgshonorarvereinbarungen gem. § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 RVG ist, dass der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.
Rz. 135
Der Gesetzgeber definiert den Begriff der "verständigen Betrachtung" wie folgt:
Zitat
"Die "verständige Betrachtung" erfordert, dass nicht nur die wirtschaftlichen Verhältnisse, sondern auch die finanziellen Risiken und deren Bewertung durch den einzelnen Auftraggeber bei der Entscheidung über die Zulässigkeit von Erfolgshonoraren berücksichtigt werden."
Zu prüfen ist vor Abschluss eines Erfolgshonorars immer die individuelle Lebenssituation der konkret betroffenen rechtsuchenden Person.
Damit ist auch eine "hohe Abneigung gegen die Übernahme eines Prozessrisikos zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses" zu prüfen, die kaum einer gerichtlichen Bewertung unterzogen werden kann.
Rz. 136
Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Erfolgshonorarvereinbarung sind nicht:
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eine regelrechte Bedürfnisprüfung ähnl... |