I. Willenserklärungen

 

Rz. 5

Da sowohl Rechtsprechung als auch die herrschende Meinung in der Literatur das Verlöbnis als Vertrag einordnen, kommen zur Beurteilung des Zustandekommens eines Verlöbnisses zwangsläufig die Vorschriften der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre, also des allgemeinen Teils des BGB, zur Anwendung.[4] Die Vorschriften über Rechtsgeschäfte finden sich in §§ 104 ff. BGB. Die Beteiligten müssen zwei übereinstimmende Willenserklärungen abgegeben haben, diese müssen jeweils wirksam und dem anderen zugegangen sein. Eine Willenserklärung ist die Äußerung eines Willens, der unmittelbar auf die Herbeiführung einer Rechtswirkung gerichtet ist.[5] Voraussetzung für das Zustandekommen des Verlöbnisses ist folglich, dass die Verlobten beide jeweils eine Willenserklärung auf Eingehung einer Ehe abgegeben haben, die dem anderen zugegangen ist.

[4] FAKomm-FamR/Weinreich, § 1297 BGB, Rn 4 ff; Palandt/Brudermüller, Einf v § 1297 BGB Rn 1; Burhoff/Willemsen, Handbuch der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, Rn 1604 ff.
[5] PWW/Ahrens, Vor §§ 116 ff BGB Rn 16.

II. Stellvertretung

 

Rz. 6

In der Regel können Willenserklärungen auch durch einen Stellvertreter abgegeben werden, §§ 164 ff. BGB. Der Stellvertreter gibt in diesen Fällen eine eigene Willenserklärung im fremden Namen ab. Bei einer Willenserklärung, die auf Eingehung eines Verlöbnisses gerichtet ist, besteht diese Möglichkeit nicht. Es handelt sich bei einem Verlöbnis um ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft.[6] Bei einem höchstpersönlichen Rechtsgeschäft ist die Vertretung sowohl in Bezug auf den Willen als auch in die Erklärung ausgeschlossen.[7] Rechtsfolge einer trotzdem ausgeübten Stellvertretung dürfte Nichtigkeit des Verlöbnisses sein. Die Möglichkeit einer Genehmigung nach § 177 BGB anzunehmen, wäre nicht folgerichtig, da die Stellvertretung von vornherein nicht zulässig ist.

[6] Palandt/Brudermüller, § 1297 BGB Rn 1; FAKomm-FamR/Weinreich, § 1297 BGB Rn 5; Rauscher, Familienrecht, Rn 108.
[7] OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.6.2011 – 3 Wx 56/11, openJur 2012, 80573, MDR 2011, 984.

III. Form

 

Rz. 7

Da die §§ 1297 ff. BGB für die Wirksamkeit des Verlöbnisses keine Schriftform vorsehen, ist die auf Abschluss eines Verlöbnisses gerichtete Willenserklärung an keine Form gebunden. Sie muss nicht nur nicht schriftlich oder gar notariell beurkundet sein: es genügt außerdem konkludentes Verhalten. Hierfür reicht jedes schlüssige Verhalten, das auf einen Rechtsfolgewillen schließen lässt.[8] Voraussetzung ist auch hier, dass diese gegebenenfalls schlüssig abgegebene Willenserklärung dem anderen zugeht, § 130 BGB.[9] Im Falle der beschränkten Geschäftsfähigkeit muss die Willenserklärung dem gesetzlichen Vertreter zugehen, § 131 BGB.

 

Rz. 8

Wichtig ist aber, dass tatsächlich der Rechtsfolgewillen vorliegt, also der Wille, ein Verlöbnis abzuschließen. Es muss die ernsthafte Absicht, zu heiraten, bestehen. Hieran fehlt es, wenn die Partner gerade nicht heiraten wollen, etwa weil sie dauerhaft eine Witwenrente aus einer vorausgegangenen Ehe beziehen möchten.[10] Deshalb ist für das Zustandekommen eines Verlöbnisses aufgrund konkludenter Willenserklärungen nicht ausreichend, dass sich die Partner offiziell als "Verlobte" bezeichnen.[11] Es müssen weitere Momente hinzukommen, die auf ein gegenseitiges und ernsthaftes Eheversprechen schließen lassen. Das ist jedenfalls der Fall, wenn ein konkretes Hochzeitsdatum in Aussicht genommen ist, die Hochzeit geplant wird, Einladungskarten für die Hochzeitsfeier gekauft und beziehungsweise oder ein Traugespräch mit dem Pastoren vereinbart worden ist.[12] Dasselbe gilt dann selbstverständlich auch für die Bestellung des Aufgebots beim Standesamt.[13]

 

Rz. 9

Von Bedeutung kann die Frage, ob bereits ein wirksames Verlöbnis vorliegt oder nicht, aktuell im Rahmen des Ausländerrechts sein. Denn ein wirksames Verlöbnis und die damit bevorstehende Eheschließung fallen unter den Grundrechtsschutz des Art. 6 GG. Es kann also unter Umständen eine Abschiebung mit dem Hinweis auf ein Verlöbnis verhindert werden. Anders als in den regulären zivilrechtlichen Verfahren werden hier die Anforderungen für die Darlegung eines rechtswirksamen Verlöbnisses aber erhöht. Zwar reichen auch hier konkludente Willenserklärungen für ein Zustandekommen aus. Aber um auf diese schließen zu können, muss dargelegt und unter Beweis gestellt werden, dass bereits die ersten Schritte zur Eheschließung eingeleitet worden sind. Das ist der Fall, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist.[14] Voraussetzung ist deshalb, dass alle notwendigen Unterlagen, die der aus dem Ausland stammende Beteiligte für eine Eheschließung benötigt, beim Standesamt eingereicht worden sind. Hierbei handelt es sich insbesondere um das Ehefähigkeitszeugnis nach § 1309 BGB oder einen Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses nach § 1309 Abs. 2 BGB und die hierzu notwendigen Unterlagen.[15]

 

Rz. 10

Die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen eines Verlöbnisses trägt gemäß den all...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?