Rz. 101
Nach § 1301 S. 1 BGB kann jeder Verlobte von dem anderen die Herausgabe desjenigen verlangen, was er ihm geschenkt hat oder zum Zeichen des Verlöbnisses gegeben hat. Voraussetzung ist, dass die Eheschließung unterbleibt. Die Herausgabe erfolgt nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung, also den §§ 812 ff. BGB.
Rz. 102
§ 1301 S. 1 BGB ist analog anwendbar, wenn das Verlöbnis nichtig war und der schenkende Verlobte zum Zeitpunkt der Schenkung den Grund für die Nichtigkeit nicht kannte. Es wird also auch der gute Glauben auf die Wirksamkeit des Verlöbnisses geschützt. Denn der Schenkende, der die Gründe für die Nichtigkeit des Verlöbnisses nicht kannte, kann nicht schlechter gestellt sein als derjenige, der aufgrund eines wirksamen Verlöbnisses schenkt.
Rz. 103
Anders als bei §§ 1298, 1299 BGB kann Anspruchsinhaber nur der Verlobte sein, nicht hingegen Dritte. Bei Dritten müsste bei Bedarf im Einzelnen geprüft werden, ob es eine Rückforderungsmöglichkeit nach Schenkungsrecht, §§ 516 ff. BGB, gibt.
Rz. 104
Voraussetzung eines Herausgabeanspruchs nach § 1301 BGB ist, dass zum Zeitpunkt der Schenkung ein wirksames Verlöbnis vorlag und dieses im Anschluss rechtswirksam beendet wurde – sei es durch Rücktritt oder einverständliche Entlobung. Denn dies hat zur Folge, dass die ehemals erbrachten freiwilligen unentgeltlichen Zuwendungen zwischen den Verlobten mit der Auflösung des Verlöbnisses ihre Rechtsgrundlage verlieren.
Rz. 105
Wird das Verlöbnis aber durch den Tod eines der Verlobten beendet, ist im Zweifel anzunehmen, dass die Rückforderung ausgeschlossen sein soll, § 1301 S. 2 BGB. Der überlebende Verlobte kann die Geschenke von den Erben des verstorbenen Verlobten herausverlangen, wenn er die gesetzliche Vermutung widerlegen, also darlegen und beweisen kann, dass die Rückforderung nicht ausgeschlossen sein sollte.
Rz. 106
Der Begriff des Geschenks beziehungsweise der Schenkung ist weit zu fassen. Inbegriffen sind nicht nur Gegenstände, die gegenständlich herausverlangt werden können, sondern grundsätzlich alle Zuwendungen. Hierzu zählen beispielsweise die Erbringung von Arbeitsleistungen oder die Befreiung von Verbindlichkeiten etc. Übernimmt also jemand eine Darlehensverbindlichkeit für den Verlobten in Form einer Schuldübernahme gemäß § 414 BGB, kann es sich um ein Geschenk im Sinne des § 1301 BGB handeln. Voraussetzung ist aber immer, dass die jeweilige Zuwendung mit der Auflösung des Verlöbnisses ihre Grundlage verliert und nicht ein Unterhaltsbeitrag von Verlobten war, die vor der Heirat einen gemeinsamen Hausstand geführt haben. Denn dann sind die Zuwendungen nicht in Erwartung der Ehe erfolgt, sondern im Hinblick auf das gegenwärtige Zusammenleben der Beteiligten.
Rz. 107
Grundsätzlich können die Verlobten nur die Herausgabe der Zuwendung verlangen. Wegen der Verweisung auf das Bereicherungsrecht und damit auf § 818 Abs. 2 BGB umfasst der Anspruch auch Wertersatz. Das gilt, soweit die Herausgabe des Geschenkes wegen der Beschaffenheit desselben nicht möglich oder der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außer Stande ist. Ist also die Herausgabe der Zuwendung objektiv oder subjektiv unmöglich, greift ein Anspruch auf Ersatz des Wertes der Zuwendung. Von Bedeutung kann das für während des Verlöbnisses erbrachte Arbeitsleistungen sein. Es ist dann der Wert der Leistungen zu ermitteln, beispielsweise anhand ersparter Vergütung an einen Dritten.
Rz. 108
Aufgrund der Rechtsfolgenverweisung in das Bereicherungsrecht gelangen außerdem §§ 818 Abs. 1, 818 Abs. 3, 819 Abs. 1 sowie 822 BGB zur Anwendung. Folge ist die Möglichkeit, dass der beschenkte Verlobte sich auf Entreicherung berufen kann, § 818 Abs. 3 BGB. Ein Herausgabeverlangen des Schenkers würde scheitern, hätte der Beschenkte gutgläubig weder den geschenkten Gegenstand, noch dessen Wert in seinem Besitz oder Vermögen. Andererseits erstrecken sich die Ansprüche des Schenkers gemäß § 818 Abs. 1 BGB auch auf eventuell gezogene Nutzungen oder das, was der Beschenkte aufgrund des Geschenkes erlangt hat. Es kann auch ein Anspruch auf Herausgabe des Surrogats, also des Ersatzes für das Geschenk, bestehen.
Rz. 109
§ 822 BGB ermöglicht es dem schenkenden Verlobten sogar, gegen einen Dritten vorzugehen, um das Geschenkte heraus zu verlangen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Beschenkte das Geschenk unentgeltlich diesem Dritten zugewendet hat und der Bereicherungsanspruch gegen ihn nur wegen dieser Weitergabe entfällt. Der schenkende Verlobte kann einen von dem beschenkten Verlobten an eine dritte Person weitergegebenen Gegenstand von dieser dritten Person herausverlangen – und das auch dann, wenn zwischen dem schenkenden Verlobten und dem Dritten weder eine persönliche noch eine vertragliche Beziehung besteht, dieser dem Verlobten also unbekannt ist. Die Darlegungs- und Beweislast beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen.
Rz. 110
Hinweis
Bei Beendigung des Verlöbnisses können d...