Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 133
Im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG und des BGH ist zu prüfen, ob ein Gütertrennungsvertrag wirksam oder nicht etwa aufgrund eines strukturellen Ungleichgewichtes und einseitiger Benachteiligung eines Ehepartners sittenwidrig und unwirksam ist.
Zweifel an der Wirksamkeit können insbesondere bei Eheverträgen mit Globalverzicht (Verzicht auf Unterhalt, Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich) oder solchen Verträgen auftauchen, durch die nur minimale Ansprüche aufrechterhalten werden. Demgegenüber wird sich die Sittenwidrigkeit der isolierten Vereinbarung von Gütertrennung im Zusammenhang mit Übertragung von Betriebsvermögen, das im Güterstand der Zugewinngemeinschaft ohnehin dem Anfangsvermögen zuzurechnen wäre, ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht begründen lassen, zumal der BGH die gesetzlichen Bestimmungen zum Güterrecht für praktisch vollständig disponibel hält und nicht zum unverzichtbaren Kern der Scheidungsfolgenregelung zählt. Unabhängig von der Disponibilität des Güterrechts kann sich die Unwirksamkeit einer isolierten Gütertrennungsvereinbarung aber aus der Disparität der Verhandlungspositionen bei Vertragsschluss ergeben. Dafür genügt ein Ungleichgewicht für sich gesehen nicht. Hinzukommen müsste nach der Rechtsprechung des BGH eine "subjektive Imparität". Es kommt verstärkt auf die subjektive Seite bei einer Vertragsgestaltung an.
Kommt aber zur Unausgewogenheit hinzu, dass zum Zeitpunkt der Beurkundung beispielsweise eine Krankheitssituation vorgelegen hat, die zu einem großen persönlichen Druck der belasteten Partei führte, könnte die Sittenwidrigkeit zu bejahen sein. Eine bevorstehende Operation indiziert eine solche Drucksituation jedoch nicht.
Die Feststellungen zur unterlegenen Verhandlungsposition, zu einer Situation bei Beurkundung des Ehevertrages, die durch intellektuelle Unterlegenheit, Abhängigkeit oder eine Notsituation ohne zumutbaren Ausweg zu Lasten eines Ehegatten geprägt war, korrespondieren mit der Belehrung durch den beurkundenden Notar. Zwar ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht schon deshalb eine subjektive Imparität zu verneinen, weil der Notar ordnungsgemäß belehrt hat. Der Verfahrensablauf kann jedoch dazu führen, dass eine subjektive Imparität zu verneinen ist. Dies ist dann der Fall, wenn sich der betroffene Ehegatte etwa lange und mit Vorbesprechungen bei dem Notar über die Regelungen Gedanken machen und sie für sich abwägen konnte. Ergibt sich Entsprechendes aus den Hinweisen zu den Belehrungen des Notars in der Urkunde, wird man regelmäßig nach der Rechtsprechung des BGH eine subjektive Imparität und deshalb eine Sittenwidrigkeit des Vertrages verneinen müssen.
Neben umfangreichen Belehrungen können auch lang andauernde Verhandlungen dazu führen, eine subjektive Imparität zu verneinen. So hat der BGH das Vorliegen einer subjektiven Imparität trotz erheblicher entsprechender objektiver Anhaltspunkte im Vertrag verneint, weil die Beteiligten monatelang unter Einschaltung beratender Rechtsanwälte mit Entwurf und Gegenentwurf über den Inhalt der Urkunde verhandelt hatte.
Umgekehrt kann die fehlende Übersendung eines Vertragsentwurfs etwa wegen Überrumpelung für subjektive Imparität sprechen. Dies wird in der Praxis aber eher die Ausnahme sein.
Eheverträge werden nach der Entwicklung der Rechtsprechung in Richtung größerer Vertragsfreiheit zukünftig weniger leicht angreifbar sein, auch wenn der Grundsatz gleichmäßigen Profitierens am Ergebnis einer Ehe nicht eingehalten wird. Das Prinzip der Halbteilung ist nicht Maßstab der Inhaltskontrolle einer Vereinbarung.
Rz. 134
Hinweis
In der Praxis wird es selten möglich sein, überzeugend eine für die Annahme der Unwirksamkeit eines Ehevertrages notwendige "subjektive Imparität" darzulegen. Es wird deshalb in vielen Fällen darauf ankommen, im Wege der Ausübungskontrolle bei Trennung und Scheidung einer Ehe die ehebedingten Nachteile des betroffenen Ehegatten so konkret und exakt wie möglich darzulegen, um die "Schieflage" zumindest insoweit zu korrigieren.