Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 32
Das Problem der Doppelverwertung von Vermögenspositionen und/oder Schulden im Zugewinnausgleich und im Unterhalt basiert auf den Gerechtigkeitsdefiziten, die sich daraus ergeben können, dass ein Vermögenswert in die Endvermögensbilanz eines Ehegatten eingestellt wird, aus dem er Einkünfte erzielt, die ihrerseits wiederum den Unterhaltsberechnungen zugrunde gelegt werden. Zum anderen kann es den Unterhaltsgläubiger unangemessen benachteiligen, wenn zu seinen Lasten im Rahmen der Unterhaltsberechnungen Schulden (insbesondere also Zins- und Tilgungsleistungen auf Kreditverbindlichkeiten) berücksichtigt werden, die auch schon in der Endvermögensbilanz des Unterhaltsverpflichteten vermögensmindernd berücksichtigt sind.
Rz. 33
Der BGH hat für die Berechnung des Endvermögens eine arbeitsrechtliche Abfindung und eine gesellschaftsrechtlich ausgestaltete Mitarbeiterbeteiligung mit der Begründung unberücksichtigt gelassen, dass sie in anderer Weise ausgeglichen worden sind, nämlich für den Unterhalt im Rahmen einer Ehescheidungsfolgenvereinbarung herangezogen worden sind. Eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes ist aber Vermögensbestandteil des Endvermögens, soweit sie nicht zum Ausgleich des weggefallenen Arbeitsentgeltes benötigt wird. Das OLG Oldenburg hat im Endvermögen die Tierarztpraxis des Ehemannes völlig unberücksichtigt gelassen mit der Begründung, dass der Unterhaltsanspruch der Ehefrau nach den laufenden Praxiseinnahmen des Ehemannes berechnet worden ist und dieser also beim Ansatz der Praxis im Endvermögen doppelt belastet werde. Der Wert der Praxis setze sich nämlich aus dem Substanzwert und dem Goodwill zusammen, der wiederum im Rahmen der Ertragswertermittlung nach den künftigen Einnahmen ermittelt werde. Der BGH hat in seiner Revisionsentscheidung hierzu richtigerweise darauf hingewiesen, dass für Unterhaltsberechnungen grundsätzlich nur der Ertrag des Vermögens heranzuziehen ist, sofern nicht ausnahmsweise nach § 1581 S. 2 bzw. § 1577 Abs. 3 BGB der Stamm des Vermögens zu verwerten ist. Konkurrenz zwischen Unterhalt und Zugewinnausgleich kann sich also nur ergeben, wenn zum Unterhalt auch der Vermögensstamm herangezogen wird.
Rz. 34
Die OLG Saarbrücken und München haben es abgelehnt, im Rahmen von Unterhaltsberechnungen die Tilgungsleistungen auf Darlehen einkommensmindernd zu berücksichtigen, die im Zugewinn als Passivposten im Endvermögen des ausgleichspflichtigen Ehemannes berücksichtigt worden sind. In der Literatur wird die Streitfrage unterschiedlich beantwortet. Soweit im Einzelfall ein echtes Konkurrenzverhältnis gegeben ist, sollte grundsätzlich dem Zugewinnausgleich der Vorzug gegeben werden, der den rückwärtsgewandten Ausgleich des während der Ehe entstandenen Vermögenszuwachses bezweckt und nicht von ungewissen Entwicklungen ab Trennung und Ehescheidung abhängig ist.
Ein Unterhaltsanspruch kann – auch unerwartet kurzfristig – entfallen (Erbschaft, neue verfestigte Lebensgemeinschaft/Ehe), so dass der Ehegatte unangemessen benachteiligt sein kann, zu dessen Lasten eine Vermögensposition unter Hinweis auf Berücksichtigung der Erträge oder der Vermögensposition als solcher im Unterhaltsrecht unausgeglichen geblieben ist. Dies gilt erst recht im Hinblick auf das nunmehr geltende Unterhaltsrecht, das die Dauer von Unterhaltsansprüchen begrenzt und durch die Änderung der Rangverhältnisse zu einer für den unterhaltsberechtigten Ehegatten nicht kalkulierbaren Einschränkung von Unterhaltsansprüchen z.B. infolge der nach Ehescheidung entstehenden Unterhaltsverpflichtung für Kinder aus einer neuen Ehe mit sich bringt.
Rz. 35
Ob ein Unternehmen im Zugewinnausgleich wirklich unberücksichtigt bleiben kann, wenn es die wesentliche Grundlage für die Erzielung von Einkünften bildet, die den Unterhaltsberechnungen zugrunde gelegt werden, wird von den Umständen des Einzelfalles und der Wahl der Bewertungsmethode abhängen. Soweit es um Anteile an Arzt-, Anwalts-, Steuerberatungs- oder sonstigen Freiberuflerpraxen geht, wird gegen den Ansatz eines Praxiswertes häufig schon der Umstand sprechen, dass der Anteil aus Rechtsgründen (z.B. aufgrund des Gesellschaftsvertrages) oder zumindest faktisch nicht veräußerlich ist. Der BGH hat für die Bewertung einer Zahnarztpraxis ausdrücklich festgestellt, dass die stichtagbezogene Bewertung einer Inhaberpraxis im Zugewinnausgleich deren Verwertbarkeit voraussetzt.
Für den Fall einer Versicherungsagentur hat der BGH den Ansatz eines Goodwills mit der Begründung abgelehnt, dass es dem Handelsvertreter aus Rechtsgründen nicht möglich ist, ohne die Mitwirkung des Unternehmers seinen Gewerbebetrieb einseitig auf einen Nachfolger zu übertragen. Es sei dementsprechend nicht möglich, seiner Handelsvertretung überhaupt einen von seiner Person gelösten inneren Wert zu verschaffen. Diese Möglichkeit sei aber vorgelagerte Voraussetzung für die Prüfung, ob ggf. eine Verwertungsbeschränkung bestehe, die sich zwar als Einflussfaktor ...