Rz. 21

Der Pflichtteilsverzicht kann beschränkt werden. Gegenstand eines beschränkten Pflichtteilsverzichts kann sein

ein Bruchteil des ideellen Pflichtteils
der Pflichtteilsrestanspruch nach § 2305 BGB (Erbeinsetzung) oder § 2307 BGB (Vermächtnis)
der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB
die Akzeptanz von Beschränkungen nach § 2306 BGB
die Vereinbarung einer nachträglichen Anrechnung auf den Pflichtteil
die Vereinbarung über eine Stundung oder Ratenzahlung eines späteren Pflichtteilsanspruchs
die Herausnahme bislang ausgleichspflichtiger Zuwendungen an andere Abkömmlinge aus der Pflichtteilsberechnung.[13]
 

Rz. 22

Damit stellt sich der Pflichtteilsverzicht als die variable Lösung geschickter Vermögensnachfolge dar. Er beseitigt den Verzichtenden nicht aus der Reihe der Abkömmlinge, die für die Berechnung der Pflichtteilsquote der übrigen Beteiligten mitgezählt werden, da er keine Vorversterbensfiktion kennt. Der Verzicht kommt also den übrigen Beteiligten nicht etwa durch Erhöhung der Pflichtteilsquote zugute. Überdies kann er maßgeschneidert auf den Einzelfall eingesetzt werden, da sich der Verzicht auf exakt umrissene Zuwendungen, Bewertungen oder andere Positionen erstrecken kann und nicht darüber hinausgehen muss. Allerdings kann er auch umfangreich ausgestaltet sein, sodass ein Pflichtteilsverzicht auf sämtliche denkbaren Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche ebenso denkbar ist wie ein sehr eng begrenzter Verzicht, der nur eine bestimmte Zuwendung oder ein Bewertungsmodell zum Gegenstand hat. Daran zeigt sich die Variabilität des Pflichtteilsverzichts, der nicht zuletzt deswegen in der Praxis große Bedeutung hat. Eine geschickte Nachfolgegestaltung wird ohne den Pflichtteilsverzicht kaum auskommen.

 

Rz. 23

Im Rahmen der Unternehmensnachfolge sind Verzichtserklärungen derer, die nicht Unternehmensnachfolger werden sollen, unabdingbar, um nicht das Unternehmen nach dem Erbfall in den Strudel von nicht absehbaren Pflichtteilsprozessen zu führen.[14] Geht es bei dem Pflichtteilsverzicht tatsächlich um ein Unternehmen (Beispiel: Der Unternehmer überträgt seine Geschäftsanteile auf einen Sohn, dessen Bruder bezogen auf die Unternehmensbeteiligungen auf sein Pflichtteilsrecht verzichtet, möglicherweise gegen Erhalt eines bestimmten Betrages), ist der Pflichtteilsverzicht dahingehend maßzuschneidern, dass auch tatsächlich sämtliche Unternehmensbestandteile erfasst sind, sodass also im Einzelfall zu klären ist, ob zum Betriebsvermögen etwa auch Gegenstände des notwendigen, gewillkürten Betriebsvermögens oder Sonderbetriebsvermögen gehören, ob dazu auch die aufgrund gewerblicher Tätigkeit gehaltenen Geschäftsanteile sowie gepachtete Unternehmen zu zählen sind, ob Vermögen, das dem Betrieb langfristig zur Nutzung überlassen ist, mit einbezogen werden soll und anderes.

 

Rz. 24

Damit ist also bei der Gestaltung eines derartigen Pflichtteilsverzichts besondere Sorgfalt geboten. Im Rahmen der möglicherweise nach dem Erbfall erfolgenden Überprüfung des Ausmaßes des Pflichtteilsverzichtes ergeben sich mitunter bedenkliche Lücken, die dann doch noch zu Ansprüchen führen können.

 

Rz. 25

Muster 3.2: Pflichtteilsverzicht

 

Muster 3.2: Pflichtteilsverzicht

Nunmehr erklärten die Erschienenen zu 2. und 3.:

Hiermit verzichten wir für uns und unsere Abkömmlinge auf die Geltendmachung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen nach dem Erstversterbenden unserer Eltern.

Die Erschienenen zu 1. erklärten:

Wir nehmen die vorstehenden Verzichte unserer Kinder _________________________ und _________________________ hiermit an.

[13] Dazu ergänzend Gockel, Verzichtserklärungen im Erbrecht, § 2 Rn 14 ff.
[14] Dazu ergänzend Spiegelberger, Unternehmensnachfolge, Rn 26 ff.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge