Rz. 104

Der BGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass dem Versicherungsnehmer in der Diebstahlversicherung eine über den Anscheinsbeweis hinausgehende Beweiserleichterung zukommen muss.[54] Diese Beweiserleichterung wird damit begründet, dass aufgrund der materiellen Risikoverteilung eine Herabsetzung des Beweismaßes erfolgen müsse, da ansonsten der Versicherungsschutz wertlos würde.[55] Der Beweis des äußeren Bildes erfolgt in zwei Stufen:

Der Versicherungsnehmer muss lediglich den Sachverhalt beweisen, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere Bild eines Versicherungsfalles erschließen lässt (1. Stufe).

Der Versicherer muss dann Tatsachen beweisen, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass der Versicherungsfall vorgetäuscht ist (2. Stufe).

 

Rz. 105

Beiden Parteien kommen somit – unterschiedliche – Beweiserleichterungen zugute. Der Versicherungsnehmer muss lediglich ein Minimum an Umständen beweisen, die auf eine Entwendung schließen lassen. Der Versicherer muss nicht den vollen Gegenbeweis führen, er muss nur Tatsachen beweisen, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf die Vortäuschung des Versicherungsfalles schließen lassen.[56] Das Begriffspaar "hinreichende Wahrscheinlichkeit" und "erhebliche Wahrscheinlichkeit" lässt erkennen, dass die Beweisanforderungen an den Versicherer höher sind als an den Versicherungsnehmer. Diese Beweiserleichterungen kommen nur einem redlichen Versicherungsnehmer zugute, der absolut glaubwürdig ist.[57]

[54] BGH, DAR 1991, 381; BGH, VersR 1992, 999; BGH, NJW-RR 1996, 275.
[55] BGH, r+s 2002, 143.
[56] BGH, VersR 1992, 999.
[57] BGH, VersR 1995, 956; Römer, NJW 1996, 2329.

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