Rz. 129
Von einer Beschleunigung wird in der Baupraxis immer dann gesprochen, wenn der vereinbarte Bauablauf in der Weise umgestellt wird, dass eine Verkürzung der vereinbarten Ausführungsfristen bewirkt oder die Verlängerung vermieden und damit der bisherige Termin eingehalten wird.
Rz. 130
Beschleunigungsmaßnahmen zur Aufholung von Verzügen des Auftragnehmers sind nicht zu vergüten.
Rz. 131
Es ist umstritten, ob der Auftraggeber eines VOB/B-Bauvertrages die Durchführung von Beschleunigungsmaßnahmen nach §§ 1 Abs. 3 oder Abs. 4 VOB/B anordnen kann. Dies wird in der Literatur teilweise bejaht, überwiegend aber verneint. Eine höchstrichterliche Klärung der Streitfrage steht noch aus.
Rz. 132
Liegt eine Beschleunigungsanordnung vor, so sind die Leistungen nach § 2 Abs. 5 VOB/B als Leistungen infolge von "anderen Anordnungen" zu vergüten.
Rz. 133
Neben den Beschleunigungsanordnungen werden Beschleunigungs- oder Umsetzungsmaßnahmen und daraus resultierende Kosten auch in Fällen diskutiert, in denen der Auftragnehmer derartige Maßnahmen ergreift, um eingetretene Verzögerungen des Bauablaufs wieder aufzuholen (Schadensminderung gem. § 254 BGB). Diese sind – soweit der Auftragnehmer nachweist, dass sie geringer als ein etwaiger Verzugsschaden ausgefallen sind – gem. § 6 Abs. 6 VOB/B ersatzfähig, auch wenn keine Anordnung des Auftraggebers vorliegt. Es geht um die sog. "Rentabilitätsvermutung", für die der BGH eine erleichterte Darlegungslast für den Auftragnehmer angenommen hat. Es kann sich dabei um Kosten für Überstunden, Mehrschichtbetriebe, Bauheizung, sonstige Umstellung von Bauverfahren, wie dem Einsatz von Schnellestrich o.Ä., handeln. Vereinbaren sich dementgegen Auftraggeber und Auftragnehmer über die Beschleunigung, handelt es sich nicht mehr um einen Schadensersatzanspruch, sondern um einen Vergütungsanspruch des Auftragnehmers.
Rz. 134
Die Parteien können vertraglich vereinbaren, dass der Auftragnehmer bei Unterschreitung bestimmter Fristen (Zwischenfristen oder Fertigstellungsfrist) Anspruch auf eine – in der Regel nach Zeitabschnitten sich berechnende – Zusatzzahlung hat. Eine solche Zusatzzahlung hat – unabhängig von ihrer Bezeichnung (Beschleunigungsprämie, Beschleunigungsbonus) Vergütungscharakter und unterliegt der Umsatzsteuerpflicht, so dass der Auftraggeber den auf die Beschleunigungsprämie entfallenden Umsatzsteuerbetrag zusätzlich an den Auftragnehmer zu zahlen hat.
Rz. 135
In Bauverträgen öffentlicher Auftraggeber ist eine Beschleunigungsvergütung (Prämie) nur vorzusehen, wenn die Fertigstellung vor Ablauf der Vertragsfristen erhebliche Vorteile bringt (§ 9a S. 3 VOB/A).
Rz. 136
Es kann sich anbieten, die Beschleunigungsprämie sozusagen als "Spiegelbild" der Vertragsstrafe an den für die Vertragsstrafe zulässigen Tagessätzen und Obergrenzen (siehe hierzu die Ausführungen unter Rdn 212 und Rdn 213) zu orientieren, damit liegt dann eine ausschließlich erfolgsabhängige Vergütung vor. Der Auftragnehmer wird regelmäßig ein Interesse daran haben, den Aufwand auch bei Nichterreichung des beschleunigten Termins zu erhalten (= aufwandsabhängige Vergütung). Dies muss vertraglich daher vorher festgelegt werden.