Rz. 43
Inwieweit ein Ausführungsbeginn bestimmt ist, hängt von den vertraglichen Regelungen ab (siehe dazu Rdn 4 ff.).
Rz. 44
§ 5 Abs. 1 VOB/B lautet:
Die Ausführung ist nach den verbindlichen Fristen (Vertragsfristen) zu beginnen, angemessen zu fördern und zu vollenden. In einem Bauzeitenplan enthaltene Einzelfristen gelten nur dann als Vertragsfristen, wenn dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart ist.
Rz. 45
Hinsichtlich der Vereinbarung von Ausführungsfristen i.S.v. kalendermäßig bestimmten Terminen oder Ausführungsdauern, die bestimmbar sind, wird auf die Ausführungen unter I. 1. A) bb) verwiesen (siehe Rdn 18). Um Ausführungsfristen oder die Gesamtbauzeit als bindende Vertragsfrist ansehen zu können, bedarf es daher einer entsprechend klaren vertraglichen Vereinbarung.
Rz. 46
Ebenso wie beim BGB-Bauvertrag enthält die VOB/B mit § 5 Abs. 2 eine Regelung, wonach der Auftraggeber den Bau- bzw. Ausführungsbeginn nach Vertragsabschluss noch festlegen kann. Damit liegt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers gem. § 315 BGB vor (siehe dazu Rdn 12). Dies ergibt sich indirekt daraus, dass nach § 5 Abs. 2 VOB/B
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der Auftraggeber dem Auftragnehmer auf Verlangen Auskunft über den voraussichtlichen Beginn der Bauausführung zu erteilen hat und |
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der Auftragnehmer dann innerhalb von zwölf Werktagen nach Aufforderung seitens des Auftraggebers mit der Bauausführung zu beginnen und dem Auftraggeber den Beginn anzuzeigen hat. |
Rz. 47
Die Frist von 12 Werktagen kann in Verträgen modifiziert werden, da sie ohnehin nicht für alle Gewerke zutrifft, d.h. die notwendige Vorarbeit widerspiegeln kann.
Rz. 48
§ 5 Abs. 2 VOB/B beinhaltet für den Auftragnehmer nicht unerhebliche Risiken, während der Auftraggeber dadurch sehr effektiv Nachteile vermeiden und insbesondere bei der Einzelgewerkvergabe seine Baustelle steuern kann (vgl. hierzu Rdn 3 und 21). Der Auftragnehmer muss in der Zeit, bis der Abruf erfolgt, immer leistungsbereit binnen zwölf Werktagen sein. Erhält er in der Zwischenzeit einen lukrativeren Auftrag, kann er gegenüber dem Auftraggeber nicht vertragsbrüchig werden. Bei Großbaustellen und damit verbundenem Großgeräteeinsatz führt dies zudem zu erheblichen Kosten, weil die Geräte nicht anderweitig eingesetzt werden können.
Rz. 49
Praxistipp
Der Auftragnehmer sollte daher im Vertrag zwingend den zeitlichen Rahmen für die Abrufverpflichtung des Auftraggebers festlegen lassen.
Rz. 50
Es ist in der VOB/B nicht explizit geregelt, welche Folgen sich für den Auftraggeber ergeben, wenn er den Abruf der Leistungen nicht oder verspätet vornimmt, es liegt aber nach Überschreitung der Grenzen des § 315 BGB Mitwirkungsverzug vor.
Aus dem Bauvertrag können sich z.B. Anhaltspunkte für den Abruf aus dem Rahmenterminplan ergeben. Wurde dort als Ausführungszeitraum 06–09/2008 geregelt, dann kommt der Auftraggeber ab dem zwölften Tag vor dem 1.6.2008 mit dem Abruf in Verzug.
Rz. 51
Nach der Rechtsprechung kann der Auftragnehmer sogar nach § 9 VOB/B den Vertrag kündigen, wenn der Auftraggeber die ihm obliegende Nebenpflicht verletzt, dem Auftragnehmer auf Anfrage eine nach Treu und Glauben zumutbare Frist für die Ausführung des Bauvorhabens zu nennen bzw. die vertragliche Leistung abzurufen (zum Mitwirkungs- bzw. Annahmeverzug des Gläubigers vgl. die Ausführungen unter Rdn 87 ff. und Rdn 111 ff.). Allerdings ist eine den Baubeginn nicht fixierende, sondern vom Abruf des Auftraggebers abhängig machende vertragliche Regelung ähnlich § 5 Abs. 2 VOB/B regelmäßig als Bestimmungsrecht des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu verstehen. Der Auftragnehmer wird durch ein solches Abrufrecht des Auftraggebers nicht unangemessen benachteiligt.
Wann ein Hinauszögern des Leistungsabrufs durch den Auftraggeber nicht mehr billigem Ermessen entspricht, sondern für den Auftragnehmer unzumutbar ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Unter normalen Umständen soll der Abruf einige Wochen oder höchstens wenige Monate betragen. Auch die für den Auftragnehmer erkennbaren Umstände (allgemeiner Leistungsstand sowie Fortschritt des Bauwerks im Zeitpunkt der Angebotsabgabe, bevorstehende Jahreszeit, Umfang von Vorleistungen) sind zu beachten. Entscheidend ist hier – und dies dürfte die Grenze des Zulässigen sein –, dass der Auftraggeber den Abruf für einen Zeitpunkt sicherstellt, zu dem die dem Vertrag zugrunde gelegte Vergütung des Auftragnehmers noch dem für ihn bei Angebotsabgabe vorhersehbaren Wagnis entspricht und zu dem der Auftragnehmer im Rahmen seiner betrieblichen Dispositionen im Hinblick auf die Erfüllung anderer Bauverträge nicht in unüberwindliche oder nur mit unzumutbarem Verlust verbundene Schwierigkeiten gerät. Ein Abruf des Auftraggebers innerhalb von drei Monaten nach dem im Bauvertrag unverbindlich angegebenen "Circa"-Baubeginn kann bei einem Bauvorhaben von erheblichem Umfang (z.B. drei Mehrfamilienhäuser) noch ermessensfehlerfrei sein.
Rz. 52
Die Frist des § 5 Abs. 2 S. 2 VOB/B ist eine Vertragsfrist ...