I. Erbteilung
Rz. 95
Hat der Erblasser mehrere Personen zu Vorerben eingesetzt, so entsteht zwischen ihnen eine Vorerbengemeinschaft.
Jeder Vorerbe kann jederzeit gem. § 2042 Abs. 1 BGB die Auseinandersetzung der Vorerbengemeinschaft verlangen. Einer Mitwirkung des Nacherben bedarf es hierfür nur, wenn zum Vollzug der Auseinandersetzung Verfügungen notwendig sind, die unter die Vorschriften der §§ 2113, 2114 BGB fallen.
Der Nacherbe kann nicht die Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Vorerben verhindern. Grundsätzlich ist er verpflichtet, einer ordnungsgemäßen Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Vorerben zuzustimmen.
Denkbar ist auch, dass einzelne Miterben oder nur ein Miterbe Vorerbe sind/ist, während die anderen Miterben Vollerben sind.
Rz. 96
Für eine Auseinandersetzungsvereinbarung zwischen dem Vorerben und dem Nacherben oder für ein Rechtsgeschäft zwischen dem Vor- und dem Nacherben, mit dem ein Erbschaftsgegenstand aus dem nacherbengebundenen Nachlass herausgenommen wird, bedarf es keiner Zustimmung der Ersatznacherben.
Rz. 97
Besondere Bedeutung hat die dingliche Surrogation des § 2111 BGB auch in den Fällen, in denen in einer Vorerbengemeinschaft eine Nachlassauseinandersetzung vorgenommen wird (§ 2042 BGB) – Stichwort "Behindertentestament". Es ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass mit Mitteln der Erbschaft i.S. des § 2111 Abs. 1 BGB auch diejenigen Gegenstände erworben sind, die der Vorerbe im Wege der vereinbarten Erbauseinandersetzung aufgrund seiner Miterbenstellung erhält. Dies dient dem Schutz des Nacherben, dessen Anwartschaft im Falle einer Auseinandersetzung der Miterben ohne Anordnung einer Surrogation erlöschen würde.
Rz. 98
Setzt sich die Nacherbfolge im Wege der dinglichen Surrogation an einem Grundstücks(-anteil) fort, das der Vorerbe im Wege der Erbauseinandersetzung aus dem Nachlass erworben hat, so kann nach dem Eintritt des Nacherbfalls die Eigentümereintragung auf den Nacherben berichtigt werden. Notwendig ist hierfür regelmäßig ein die Nacherbschaft bekundender Erbschein.
Des grundbuchtauglichen Nachweises bedarf die Entgeltlichkeit der Verfügung hingegen für die Auseinandersetzung der Vorerbengemeinschaft.
Rz. 99
Aus dem Nachlass scheidet ein Nachlassgegenstand aus, wenn der Vorerbe darüber mit Wirksamkeit für den Nacherben verfügt hat. Anerkannt ist insoweit, dass es bei der Erbauseinandersetzung unter Beteiligung von Nacherben möglich ist, eine endgültige Auseinandersetzung vorzunehmen mit der Folge, dass die dem Vorerben übertragenen Gegenstände aus dem Nachlass ausscheiden und damit von der Nacherbeneinsetzung nicht mehr erfasst werden.
II. Abschichtung
Rz. 100
Auch in einer Vorerbenerbengemeinschaft kann sich die Frage nach einem Abschichtungsvertrag für den Vorerben stellen. Hierzu ist er jedoch auf die Zustimmung des Nacherben angewiesen. Der maßgebliche Unterschied zur echten Erbauseinandersetzung liegt in der Aufgabe der Miterbenrechte. Wer aus der Erbengemeinschaft ausscheidet, ist nicht mehr am Nachlass als getrenntem Sondervermögen beteiligt. Seine Erbquote beträgt nur mehr Null. Er erhält lediglich einen schuldrechtlichen Abfindungsanspruch, der kein dingliches Surrogat i.S.v. § 2111 BGB, sondern persönliches Vermögen des Abgeschichteten ist.
Rz. 101
Stimmt der Nacherbe trotzdem zu, gerät er in eine dem Nachvermächtnisnehmer vergleichbare Situation (§ 2191 BGB). Man wird deshalb die Regelungen über das Nachvermächtnis möglicherweise analog anwenden können, wenn Vor- und Nacherbe keine anderslautenden Vereinbarungen treffen. Soweit eine exogene Abschichtung stattfindet, gleicht die Situation einem Verschaffungsvermächtnis. Der Schutz des Nachvermächtnisnehmers erfolgt nicht über die dingliche Surrogation, sondern lediglich verschuldensabhängig über §§ 2179, 2177, 160, 280 BGB.
Hinweis
Angesichts dieser schwachen Rechtsposition sollte sich der Nacherbe vor einer vorschnellen Zustimmung hüten, es sei denn, er erkauft sich seine Zustimmung durch eine Teilhabe an der Abfindungsleistung.