I. Grundsatz
Rz. 102
Ein Nacherbenrecht hindert die Teilungsversteigerung auf Antrag eines – auch nicht befreiten – Vorerben nicht. Eine Zwangsvollstreckung im Sinne des § 2115 BGB liegt hier nicht vor, denn es geht nicht um die Geltendmachung einer Verbindlichkeit gegen den Vorerben, sondern um die Durchsetzung des auch dem Mitvorerben zustehenden Rechts auf Aufhebung der Erbengemeinschaft. Der Antrag auf Teilungsversteigerung ist keine Verfügung, trotzdem ist analog § 2113 BGB die Zustimmung der Nacherben erforderlich.
Hinweis
Vor- und Nacherbfolge hindert grundsätzlich die Teilungsversteigerung nicht.
Rz. 103
Der Nacherbe hat vor Eintritt des Nacherbfalls ein Anwartschaftsrecht auf das Eigentum am Grundstück bzw. Grundstücksanteil, das als Verfügungsbeschränkung zu Lasten des Vorerben gem. § 2113 BGB wirkt. Dieses Recht des Nacherben ergibt sich entweder aus dem Grundbuch, denn der Nacherbenvermerk ist mit der Eintragung des Vorerben als (Mit-)Eigentümer von Amts wegen in Abt. II des Grundbuchs einzutragen (§ 51 GBO) oder aus dem Erbschein ersichtlich, wenn der Vorerbe noch nicht im Grundbuch eingetragen ist, § 352b FamFG.
II. Der Nacherbe als Verfahrensbeteiligter
Rz. 104
Der Nacherbe ist damit gem. § 9 Nr. 1 ZVG von Amts wegen am Verfahren zu beteiligen. Ist die Person des Nacherben – noch – nicht bekannt, dürfte für eine Beteiligung am Verfahren die Bestellung eines Zustellungsvertreters nach § 6 ZVG nicht ausreichen, vielmehr bedarf es der Bestellung eines Pflegers nach § 1913 BGB (für unbekannte Beteiligte), die durch das Familiengericht erfolgt, nachdem es vom Versteigerungsgericht informiert worden ist (§ 22a FamFG). Der so bestellte Pfleger hat die Rechte des Nacherben wahrzunehmen. Zustellungen und Benachrichtigungen im Verfahren erfolgen an ihn.
Rz. 105
Nach der Systematik des FamFG ist für die Pflegschaft für einen Minderjährigen oder eine Leibesfrucht das Familiengericht, für die weiteren Pflegschaften – mit Ausnahme der Nachlasspflegschaft (§§ 1960 ff. BGB) und der verfahrensrechtlichen Pflegschaft für abwesende Beteiligte (§ 364 FamFG) – das Betreuungsgericht zuständig. Die Zuständigkeit des Nachlassgerichts für die Nachlasspflegschaft ergibt sich auch weiterhin aus § 1962 BGB. Die Verteilung der weiteren Pflegschaften auf Familien- und Betreuungsgericht folgt aus der Abschaffung des Vormundschaftsgerichts. Es handelt sich insoweit um betreuungsgerichtliche Zuweisungssachen (§ 340 FamFG).
III. Der Erlös als dingliches Surrogat
Rz. 106
Wichtig sind in diesem Zusammenhang die Vorschriften der §§ 2041, 2111 BGB über die dingliche Surrogation: Das Recht des/der Nacherben setzt sich am Erlös als einem Surrogat des Grundstücks fort.
IV. Verteilung des Erlöses
Rz. 107
Der Versteigerungserlös ist an diejenigen auszuzahlen, die einen Anspruch gegen den Grundstückseigentümer haben, §§ 114 Abs. 1, 117 Abs. 1 ZVG. Sind Eigentümerrechte – insbesondere Eigentümergrundschulden – für den Vorerben bzw. den Erblasser eingetragen, so gilt § 2114 BGB. Danach haben der Vor- und Nacherbe nur gemeinschaftlich Anspruch auf das Kapital. Der Erlös kann deshalb nur ihnen gemeinsam zugeteilt werden, er ist erforderlichenfalls für beide zu hinterlegen, § 2114 S. 2 BGB. Ist der Vorerbe befreiter Vorerbe im Sinne des § 2136 BGB, so ist er auch allein zur Einziehung der Forderung berechtigt; die Auszahlung des Erlöses kann deshalb auch an ihn allein erfolgen. Die Auszahlung des Erlöses an Vorerbe und Nacherbe gemeinsam kann auch damit begründet werden, dass der Erlös Surrogat für das Grundstück ist, § 2111 BGB.
Rz. 108
Dem Vorerben ist es nicht gestattet, zum Nachteil des Nacherben über den Erlös zu verfügen. Diese Rechte des Nacherben wurden bisher durch die Eintragung des Nacherbenvermerks im Grundbuch gesichert. Mit der Eintragung des Erstehers im Grundbuch und der gleichzeitigen Löschung des Nacherbenvermerks ist dieser Schutz entfallen. Die bisher dem Grundbuchamt zugefallene Aufgabe des Schutzes der Nacherbenrechte ist nunmehr vom Versteigerungsgericht wahrzunehmen. Zur Sicherung des Grundstücksersatzes, des Versteigerungserlöses, ist dieser nur beiden zu überlassen bzw. nur für beide gemeinsam zu hinterlegen. Für den befreiten Vorerben gilt auch hier: Ihm sind lediglich unentgeltliche Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände verwehrt. In der Entgegennahme des Versteigerungserlöses ist keine unentgeltliche Verfügung zu sehen. Deshalb kann dem befreiten Vorerben der Erlös allein überlassen werden.
V. Die verfahrensmäßige Behandlung des Nacherbenvermerks im Grundbuch
Rz. 109
Der Nacherbenvermerk war gem. § 51 GBO bei der Eintragung des Vorerben als Eigentümer in Abt. II des Grundbuchs von Amts wegen einzutragen. Er ist kein Recht am Grundstück i.S.d. §§ 44, 45 ZVG und ist deshalb auch nicht in das geringste Gebot einzustellen. Der Nacherbenvermerk ist auch dann nicht in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn das Anwartschaftsrecht des Nacherben verpfändet und die Verpfändung im Grundbuch gleichfalls eingetragen ist; deshalb ist auch kein Zuzahlungsbetrag nach §§ 50, 51...