1. Formalien
Rz. 130
Der Verkauf und die Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts erfolgen nach den Regeln des Erbschaftskaufs und der Erbteilsübertragung (§§ 2371 ff., 2033 Abs. 1 BGB).
Auch eine Übertragung der Anwartschaft auf den Vorerben ist möglich. Dieser erlangt damit die Rechtsstellung eines Vollerben.
Eine Übertragung und Verpfändung des Nacherbenanwartschaftsrechts bedarf der notariellen Beurkundung, §§ 1274, 2033 Abs. 1 BGB.
Rz. 131
Der Vorerbe und auch ein etwaiger Dritter wird nach Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechtes bei Eintritt des Nacherbfalls ohne Durchgangserwerb beim Nacherben Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Er ist durch die Übertragung aber lediglich in die Rechtsposition des Nacherben an dem Nachlass eingerückt, erhält jedoch mit dem Übertragungsakt und dem Eintritt des Nacherbfalles nicht die volle Rechtsstellung des Erben. Die Erbenstellung als solche verbleibt vielmehr dem Nacherben, weshalb der Erwerber in dem Erbschein auch nicht aufzuführen ist.
Rz. 132
Der Erwerber des Nacherbenanwartschaftsrechts kann unmittelbar durch den Inhalt des Erbscheins in seinen Rechten beeinträchtigt sein und ausnahmsweise im Erbscheinsverfahren auch dann beschwerdeberechtigt sein, wenn er selbst in diesem Erbschein gar nicht aufzuführen ist.
2. Die Rechte des/der Ersatznacherben
Rz. 133
Durch die Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts auf den Vorerben kann nicht in die Rechtsstellung eines Ersatznacherben eingegriffen werden, so dass der Vorerbe zwar zunächst voll verfügungsbefugt wird, er aber bei Eintritt des Ersatznacherbfalls diese Position wieder verliert. Daher wird der Nacherbenvermerk im Grundbuch aufgrund einer derartigen Übertragung auch nicht gelöscht. Um eine uneingeschränkte Rechtsposition für den Vorerben herbeizuführen, müsste daher auch die durch den Eintritt des Ersatznacherbfalls aufschiebend bedingte Ersatznacherbenanwartschaft auf den Vorerben übertragen werden. Dies bereitet jedoch erhebliche Probleme, wenn der Erblasser die Abkömmlinge der Nacherben zu Ersatznacherben bestimmt hat. Sind diese noch minderjährig oder gar überhaupt noch nicht geboren, so müsste für die unbekannten Ersatznacherben eine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte nach § 1913 S. 2 BGB angeordnet werden. Der Pfleger bedürfte der familiengerichtlichen Genehmigung gem. §§ 1915 Abs. 1, 1822 Nr. 1 BGB. Eine solche Genehmigung dürfte kaum zu erlangen sein, da die Gegenleistung für die Übertragung in der Praxis meist nicht dem Ersatznacherben, sondern dem Nacherben zufließt.
3. Kein Verzicht auf die dingliche Surrogation
Rz. 134
Das Gesetz ordnet die dingliche Surrogation mit zwingender Rechtswirkung an. Dies ist daraus zu schließen, dass nach § 2136 BGB der Erblasser von den Rechtsfolgen der in § 2111 BGB angeordneten Surrogationswirkung nicht befreien kann. In vergleichbaren Fällen arbeitet das Gesetz ebenfalls mit der dinglichen Wirkung der Surrogation – so bei der Erbengemeinschaft in § 2041 BGB und beim Erbschaftsbesitz in § 2019 BGB.
Rz. 135
Die erbrechtlichen Fälle der dinglichen Surrogation haben den Sinn, die realen Werte eines bestimmten Sondervermögens (Nachlass bzw. Erbschaft) zu binden und im Interesse bestimmter begünstigter Personen und ihrer Gläubiger über allen Wechsel der zu ihm gehörenden konkreten Bestandteile hinweg zusammenzuhalten und für den Zweck des Sondervermögens zu reservieren. Dieser Zweck wird dadurch erreicht, dass die im Laufe der wirtschaftlichen Entwicklung des Sondervermögens eintretenden Änderungen im konkreten Bestand seiner Einzelteile unter bestimmten Voraussetzungen in den vom Gesetz angeordneten Surrogationsfällen kraft Gesetzes auch zu einer entsprechenden rechtlichen (dinglichen) Zuordnung der Ersatzstücke (Surrogate) zu dem Sondervermögen und seinen Trägern führen. Dahinter steht der Gedanke: Der Wert des Sondervermögens und nicht seine konkrete Erscheinungsform ist das Ausschlaggebende.
Rz. 136
Besondere Bedeutung hat die dingliche Surrogation auch in den Fällen, in denen in einer Vorerbengemeinschaft eine Nachlassauseinandersetzung vorgenommen wird (§ 2042 BGB) – Stichwort "Behindertentestament". Es ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass mit Mitteln der Erbschaft i.S. des § 2111 Abs. 1 BGB auch diejenigen Gegenstände erworben sind, die der Vorerbe im Wege der vereinbarten Erbauseinandersetzung aufgrund seiner Miterbenstellung erhält. Dies dient dem Schutz des Nacherben, dessen Anwartschaft im Falle einer Auseinandersetzung der Miterben ohne Anordnung einer Surrogation erlöschen würde.
4. Vorkaufsrecht des Vorerben bei Veräußerung des Nacherbenanwartschaftsrechts
Rz. 137
Das Anwartschaftsrecht des Nache...