Lars Micker, Rabea Schwarz
I. Sachliche Verflechtung
1. Begriff und Rechtfertigung
Rz. 13
Die Betriebsaufspaltung verlangt zunächst das Vorliegen einer sachlichen Verflechtung. Diese ist gegeben, wenn das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlässt, die für das Betriebsunternehmen eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen. Unerheblich ist, ob die Nutzungsüberlassung auf schuldrechtlicher oder dinglicher Grundlage basiert.
Rz. 14
Gerechtfertigt wird das Erfordernis des Überlassens einer wesentlichen Betriebsgrundlage damit, dass das Betriebsunternehmen ohne die überlassene wesentliche Betriebsgrundlage seinen Betrieb in der Form, wie es ihn mit Hilfe der überlassenen wesentlichen Betriebsgrundlage führt, nicht fortführen kann und deshalb der Besitzunternehmer auch durch die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage einen beherrschenden Einfluss auf das Betriebsunternehmen ausüben kann.
2. Wesentliche Betriebsgrundlage
a) Überblick
Rz. 15
Im Gegensatz zur Betriebsveräußerung, Betriebsaufgabe, Betriebsverpachtung und unentgeltlicher Betriebsübertragung nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG verlangt das Institut der Betriebsaufspaltung lediglich, dass eine wesentliche Betriebsgrundlage vom Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen überlassen wird. Ausreichend ist damit, dass eine von mehreren wesentlichen Betriebsgrundlagen überlassen wird. Keine Rolle spielt, ob das dem Betriebsunternehmen zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgut auch für das Besitzunternehmen eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt.
Rz. 16
Ob die vom Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter eine wesentliche Betriebsgrundlage sind, richtet sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls und ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen und beabsichtigten Nutzung zu beurteilen. Es kommt damit entscheidend darauf an, dass alle Umstände, die für die Gesamtbildbetrachtung maßgebend sind, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht vorgetragen werden. Bei der Gesamtbildbetrachtung sind nicht die einzelnen Teile eines bebauten Grundstücks für sich, sondern es ist das Grundstück einheitlich zu beurteilen.
b) Einzelne Wirtschaftsgüter
Rz. 17
Als wesentliche Betriebsgrundlage kommt nach den dargestellten Grundsätzen zunächst ein bebautes Grundstück in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BFH ist jedes Grundstück, das die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit des Betriebsunternehmens bildet und es ihm ermöglicht, sein Geschäftsbetrieb aufzunehmen und auszuüben, eine wesentliche Betriebsgrundlage. Ob dies der Fall ist, lässt sich nur aus der inneren betrieblichen Struktur des Betriebsunternehmens beantworten. Dabei sind nicht einzelne Teile des Grundstücks für sich, sondern das gesamte Grundstück als Einheit zu betrachten.
Rz. 18
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein Grundstück auch dann eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich ist und besonderes Gewicht für die Betriebsführung hat. Dieses besondere Gewicht liegt bereits dann vor, wenn das Betriebsunternehmen nicht ohne ein Grundstück dieser Art fortgeführt werden könnte. Damit muss davon ausgegangen werden, dass ein Grundstück nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage ist, wenn es für das Betriebsunternehmen keine oder nur eine geringe wirtschaftliche Bedeutung hat.
Rz. 19
Deshalb sind Hotelgrundstücke, Restaurants und Kaufhausgrundstücke für das Betriebsunternehmen wesentliche Betriebsgrundlagen. Selbst das Geschäftslokal einer Getränkeeinzelhandels-GmbH ist nach der Rechtsprechung als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen, weil ein Geschäft dieser Art nicht ohne Verkaufs- und Lagerraum geführt werden kann und das Geschäftslokal auch die Eigenart dieses Betriebs prägt.
Rz. 20
Als wesentliche Betriebsgrundlagen kommen überdies Fabrikgrundstücke in Betracht, da bei ihnen die Gebäude durch ihre Gliederung oder sonstige Bauart in der Regel dauernd für den Betrieb eingerichtet oder nach Lage, Größe und Grundriss auf den Betrieb des Betriebsunternehmens zugeschnitten sind. Der Qualifikation einer Fabrikhalle als wesentliche Betriebsgrundlage steht in diesem Zusammenhang nicht entgegen, dass es sich bei dem aufstehenden Gebäude um eine Systemhalle handelt, die infolge von Umbaumaßnahmen vielseitig verwendbar ist. Ein zu Fabrikationszwecken genutztes Grundstück ist nach alledem nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage...