I. Verfahrensrechtliche Grundlagen
Rz. 4
Nach § 62 Abs. 2 S. 1 ArbGG finden auf den Arrest und die einstweilige Verfügung die Vorschriften der §§ 916 ff. ZPO Anwendung. Dies betrifft Angelegenheiten, die § 2 ArbGG dem Urteilsverfahren zuweist, also vornehmlich Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Für Angelegenheiten des Beschlussverfahrens nach § 2a ArbGG, insbesondere für betriebsverfassungsrechtliche Auseinandersetzungen, gilt die Verweisung über § 85 Abs. 2 ArbGG.
Rz. 5
Arrest und einstweilige Verfügung sind nicht auf Erfüllung, sondern auf Sicherung oder einstweilige Regelung ausgerichtet, um einen bestehenden Zustand im Interesse des Gläubigers vor nachteiligen Veränderungen zu schützen, die die Durchsetzung seines Anspruchs vereiteln oder erschweren. Streitgegenstand des einstweiligen Rechtsschutzes ist deshalb nicht der Anspruch selbst, sondern die Zulässigkeit seiner (zwangsweisen) Sicherung.
Rz. 6
Dennoch wird durch die Zustellung des Arrest- und des Verfügungsantrages die Verjährung des zu sichernden Anspruchs gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB). Ungeklärt ist, ob das Arrest- oder Verfügungsgesuch das Erlöschen eines Anspruchs verhindert, der aufgrund einer zweistufigen Ausschlussklausel gerichtlich geltend zu machen ist. Nach der Rspr. des BAG muss der betroffene Anspruch Streitgegenstand der Klage sein. § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB stellt jedoch die Einleitung des Arrest- und des Verfügungsverfahrens der Klageerhebung in der Hauptsache gleich. Dies dürfte auch im Hinblick auf eine zweistufige Ausschlussfrist gelten.
Rz. 7
Die Vorschriften über das Arrest- und das Verfügungsverfahren stimmen im Wesentlichen überein (§§ 916 ff., 936 ZPO). Zuständig ist das Gericht der Hauptsache (§§ 919, 937 Abs. 1 ZPO). Gericht der Hauptsache ist das Arbeitsgericht, bei dem der zu sichernde Anspruch bereits anhängig ist oder das im Hauptsacheverfahren zu entscheiden hätte. Soweit die Hauptsache sich bereits im Berufungsverfahren befindet, ist das LAG für Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zuständig. Mit der Rechtskraft des Berufungsurteils und ebenso mit der Einlegung der Revision wird wiederum die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts für das Arrest- und das Verfügungsverfahren begründet (§ 943 Abs. 1 ZPO). Seit der Änderung des GVG und des ArbGG durch das 4. VwGO-ÄndG v. 17.12.1990 bleibt für die Wahlzuständigkeit des Amtsgerichts nach § 919 ZPO und seine Notzuständigkeit nach § 942 ZPO im arbeitsgerichtlichen Verfahren kein Raum.
Rz. 8
Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gliedert sich in zwei Teile, die Anordnung und die Vollziehung der Sicherung. Für das Erkenntnisverfahren gelten die allgemeinen Vorschriften (§§ 46 ff. ArbGG) mit zwei Besonderheiten: Die mündliche Verhandlung ist im Arrestprozess freigestellt (§ 922 Abs. 1 ZPO). Im Verfügungsverfahren kann nur in dringenden Fällen ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 62 Abs. 2 S. 2 ArbGG), selbst wenn der Antrag zurückgewiesen werden soll. An die Stelle voller Beweisführung tritt die Glaubhaftmachung (§ 920 Abs. 2 ZPO), die mit dem Arrest- oder Verfügungsantrag zu verbinden ist.
Rz. 9
Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ergehen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
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Arrest- oder Verfügungsanspruch, |
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Arrest- oder Verfügungsgrund, |
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Glaubhaftmachung. |
Rz. 10
Soweit das Gericht aufgrund mündlicher Verhandlung entscheidet, ergeht ein Endurteil (§ 922 Abs. 1 ZPO), gegen das unter den Voraussetzungen des § 64 ArbGG die Berufung zulässig ist. Revision und Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des LAG sind nicht statthaft (§§ 72 Abs. 4, 77 S. 2 ArbGG). Ist eine mündliche Verhandlung nicht vorausgegangen, entscheidet das Arbeitsgericht durch Beschluss (§ 921 ZPO) des Kammervorsitzenden (§§ 53, 64 Abs. 7 ArbGG). Gegen den stattgebenden Beschluss kann Widerspruch eingelegt werden (§ 924 ZPO), über den die Kammer nach vorheriger mündlicher Verhandlung durch Endurteil entscheidet. Wird der Antrag ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen, findet gegen den Beschluss die sofortige Beschwerde statt (§ 567 ZPO).
Rz. 11
Zu beachten ist die Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO für den Fall, dass sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist oder aufgrund der §§ 926 Abs. 2, 942 Abs. 3 ZPO aufgehoben wird. Zu ersetzen ist der Schaden, der dem Gegner aus der Vollziehung oder wegen der von ihm erbrachten Sicherheitsleistung entsteht. Der auf Schadensersatz in Anspruch genommene Antragsteller trägt die Beweislast dafür, dass sein Antrag auf Erlass des Arrestes bzw. der einstweiligen Verfügung von Anfang an gerechtfertigt war. In betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten ist die Schadensersatzpflicht ausgeschlossen (§ 85 Abs. 2 S. 2 ArbGG).