Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
a) Geltung nur für Arbeitnehmer
Rz. 7
Kündigungsschutz genießen gem. § 1 Abs. 1 KSchG nur Arbeitnehmer. Da das Kündigungsschutzgesetz selbst diesen Begriff nicht definiert, ist er so zu verstehen, wie er allgemein von der Rspr. und Rechtslehre entwickelt worden ist. Arbeitnehmer ist danach, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienst eines anderen zur Arbeitsleistung verpflichtet und dabei von diesem anderen persönlich und wirtschaftlich abhängig ist. Arbeitnehmer sind auch Teilzeitbeschäftigte und Aushilfsbeschäftigte (BAG v. 13.1.1983 – 5 AZR 149/82, NJW 1984, 1985), in Nebenbeschäftigung Tätige (BAG v. 13.3.1987 – 7 AZR 724/85, NZA 1987, 629) oder Werkstudenten (BAG v. 12.6.1996 – 5 AZR 960/94, NZA 1997, 191).
b) Keine Geltung für arbeitnehmerähnliche Personen
Rz. 8
Der Kündigungsschutz gilt nicht für arbeitnehmerähnliche Personen. Infolgedessen sind bspw. Heimarbeiter, Handelsvertreter und freie Mitarbeiter vom persönlichen Geltungsbereich des KSchG ausgenommen. Eine entsprechende Anwendung des KSchG ist nach herrschender Meinung ausgeschlossen (HK-Kündigungsschutzgesetz/Borndorf, § 1 Rn 22; Schaub/Linck, ArbRHB, § 130 Rn 4).
c) Keine Geltung für Organmitglieder juristischer Personen
aa) Allgemeines
Rz. 9
Gem. § 14 Abs. 1 KSchG gelten in Betrieben einer juristischen Person die §§ 1 bis 13 KSchG nicht für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist. Organvertreter sind Vorstandsmitglieder einer AG (§ 78 Abs. 1 AktG), Vorstandsmitglieder einer Genossenschaft (§ 24 Abs. 1 GenG), Vorstandsmitglieder eines rechtsfähigen Vereines (§ 26 Abs. 2 BGB) und einer rechtsfähigen Stiftung (§§ 86 i.V.m. 26 Abs. 2 BGB) sowie Geschäftsführer einer GmbH (§ 35 Abs. 1 GmbHG).
Rz. 10
§ 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG findet demgegenüber keine Anwendung auf Mitglieder des Aufsichtsrates (v. Hoyningen-Huene/Linck, § 14 KSchG Rn 15; ErfK/Müller-Glöge, § 14 KSchG Rn 4), da der Aufsichtsrat grds. nicht zur Vertretung berufen ist und Aufsichtsratsmitglieder ohnehin nicht in einem arbeitsrechtlichen Dienstverhältnis stehen (v. Hoyningen-Huene/Linck, § 14 KSchG Rn 15). Arbeitnehmervertreter aus der Belegschaft im Aufsichtsrat verlieren also nicht ihren allgemeinen Kündigungsschutz wegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG (ErfK/Kiel, § 14 KSchG Rn 4).
bb) Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG
Rz. 11
Bei Geschäftsführern der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG war bislang zu unterscheiden, auf welchen Vertragsbeziehungen die organschaftliche Stellung beruht. Besteht lediglich ein Anstellungsvertrag mit der Komplementär-GmbH, unterfällt der Geschäftsführer ohne weiteres dem in § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG genannten Personenkreis.
Rz. 12
Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH kann aber auch in einem Vertragsverhältnis zur KG stehen. Auf Geschäftsführer einer GmbH in einer GmbH & Co. KG ist das KSchG nach bisheriger Rspr. nur auf ein neben dem Anstellungsverhältnis zur Komplementär-GmbH bestehendes Arbeitsverhältnis zur KG anwendbar (BAG v. 15.4.1982 – 2 AZR 1101/79, AP KSchG 1969 § 14 Rn 1).
Rz. 13
Zu § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG hat das BAG jedoch in jüngerer Zeit entschieden, dass der Geschäftsführer der Komplementärin einer KG in keinem Fall als Arbeitnehmer anzusehen ist. Der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH verkörpere unabhängig davon, ob er einen Dienstvertrag mit der GmbH oder der KG abgeschlossen habe, eine arbeitgebergleiche Person. Hausstreitigkeiten im Arbeitgeberlager würden jedoch nicht in den Anwendungsbereich der weit auszulegenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG fallen (BAG v. 20.8.2003 – 5 AZB 79/02, AP Nr. 58 zu § 5 ArbGG 1979).
Rz. 14
Es ist denkbar, diese Auslegung auf § 14 Abs. 1 KSchG zu übertragen (Zimmer/Rupp, GmbHR 2006, 572, 576; ErfK/Kiel, § 14 KSchG Rn 4). Nach a.A. (KR/Rost, § 14 KSchG Rn 10b) sprechen gute Gründe dafür, § 14 Abs. 1 KSchG weiterhin eng auszulegen und bei "mittelbaren" Organvertretern im Einzelfall zu prüfen, ob ein "schutzwürdiges" weisungsabhängiges Arbeitsverhältnis oder ein freies Dienstverhältnis vorliegt. Eine solche Prüfung müsste allerdings wegen der jetzigen Auslegung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG (BAG v. 20.8.2003 –5 AZB 79/02, AP Nr. 58 zu § 5 ArbGG 1979) vom zuständigen ordentlichen Gericht vorgenommen werden.
cc) Besonderheiten bei Zugang der Kündigung während der Organstellung
Rz. 15
Die Vorschriften des ersten Abschnittes des KSchG sind unabhängig von dem Vertragsverhältnis, welches der Geschäftsführeranstellung zugrunde liegt, nicht anzuwenden, wenn eine der in § 14 Abs. 1 KSchG bezeichneten Personen bei Zugang der Kündigung ihre Organstellung noch innehat. Nach der jüngsten Rspr. des BAG (25.10.2007 – 6 AZR 1045/06, NZA 2008, 168) kommt es entscheidend auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung an. Hat der Kündigungsempfänger im Zeitpunkt des Zugangs noch seine Organstellung inne, kann er keinen Vorteil aus einem ggf. bestehenden Arbeitsverhältnis ziehen, welches der Bestellung zum Geschäftsführer zugrunde liegt oder parallel besteht (BAG v. 25.10.2007 – 6 AZR 1045/06, NZA 2008, 168).
Rz. 16
Die negative Fiktion des § 14 Abs. 1 KSchG greift jedoch nicht, wenn die Kündigung erst zugegangen ist, nachdem die Organstellung des Kündigungsempfängers beendet worden ist. Der Widerruf einer Organstellung wird mit d...