Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
Rz. 845
Die Arbeitsvertragsparteien bleiben bei betriebsbedingten Kündigungen i.Ü. frei, eine geringere oder höhere als die vom Gesetz vorgesehene Abfindung zu vereinbaren (BAG v. 13.12.2007 – 2 AZR 663/06, NZA 2008, 528, 529). Dies schließt die Möglichkeit ein, dass der Arbeitgeber die Zahlung einer Abfindung von dem ungenutzten Verstreichenlassen der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig macht.
Rz. 846
Die Frage, ob der Arbeitgeber einen Hinweis nach § 1a KSchG oder ein davon abweichendes Angebot unterbreitet hat, ist durch Auslegung des Kündigungsschreibens zu ermitteln (BAG v. 13.12.2007 – 2 AZR 663/06, NZA 2008, 528, 529; vgl. auch KR/Spilger, § 1a KSchG Rn 60). Zwar schließt es die Vorschrift des § 1a KSchG nicht aus, dass der Arbeitgeber eine Abfindung auf anderer Grundlage verspricht oder sich darauf beschränkt, im Kündigungsschreiben rein deklaratorisch auf kollektivrechtliche Bestimmungen zu verweisen, aus denen ein Abfindungsanspruch bei Verlust des Arbeitsplatzes folgt (BAG v. 19.7.2016, 2 AZR 536/15, Rn 14). Dabei darf allerdings nicht vorschnell auf ein Angebot auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages geschlossen werden. Aus dem Kündigungsschreiben muss sich der Wille des Arbeitgebers, ein von der gesetzlichen Vorgabe abweichendes Angebot unterbreiten zu wollen, eindeutig und unmissverständlich ergeben (BAG v. 19.7.2016, 2 AZR 536/15, Rn 14; BAG v. 19.6.2007 – 1 AZR 340/06, Rn 18; Preis, DB 2004, 70, 73). Enthält das Kündigungsschreiben einen vollständigen Hinweis nach § 1a KSchG, so spricht dies für einen Anspruch des Arbeitnehmers nach § 1a Abs. 2 KSchG (BAG v. 13.12.2007 – 2 AZR 663/06, NZA 2008, 528, 529).
Hinweis
Zur Vermeidung von Doppelzahlungen ist bei der Formulierung des Kündigungsschreibens unter Hinweis auf § 1a KSchG daher besondere Sorgfalt insbesondere auch dann geboten, wenn der Arbeitnehmer einen Abfindungs-Anspruch auch aufgrund anderer Regelungen, beispielsweise aufgrund eines Sozialplanes, haben kann (im Einzelnen zu dieser Problematik vgl. BAG v. 19.7.2016 – 2 AZR 536/15, Rn 15 ff., 20 ff.).