Dr. iur. Berthold Hilderink, Prof. Dr. Martin Becker
a) Allgemeiner Regelungsgehalt
Rz. 1033
Der besondere Kündigungsschutz der §§ 15 KSchG und 103 BetrVG greift für Auszubildende, die Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung oder eines anderen betriebsverfassungsrechtlichen Organs sind, nur für die Dauer der Ausbildungszeit. Da jedoch das Berufsausbildungsverhältnis nach § 21 Abs. 1 BBiG mit dem Ablauf der Ausbildungszeit endet, war ursprünglich eine Bestandsschutzlücke angenommen worden, die mit § 78a BetrVG geschlossen werden soll. Der Auszubildende kann nach § 78a Abs. 2 BetrVG innerhalb der letzten 3 Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich die Weiterbeschäftigung verlangen. Macht der Auszubildende von diesem Gestaltungsrecht Gebrauch, gilt zwischen Auszubildendem und Arbeitgeber im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet. Das gilt auch, wenn das Berufsausbildungsverhältnis vor Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Amtszeit des betriebsverfassungsrechtlichen Organs endet, § 78a Abs. 3 BetrVG. Die Weiterbeschäftigung hat in einem unbefristeten Vollzeitarbeitsverhältnis zu erfolgen (BAG v. 24.7.1991 – 7 ABR 68/90, NZA 1992, 174). Insoweit ist auch kein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand anzunehmen.
b) Persönlicher Geltungsbereich
Rz. 1034
Die Vorschrift des § 78a BetrVG umfasst alle Auszubildenden, die dem amtierenden Betriebsrat, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung oder dem Seebetriebsrat angehören.
Rz. 1035
Unter den Geltungsbereich des § 78a BetrVG sind all diejenigen Auszubildenden zu fassen, die aufgrund eines Ausbildungsvertrages in einem Ausbildungsberuf i.S.d. BBiG ausgebildet werden. Auch das Umschulungsverhältnis zu einem anerkannten Ausbildungsberuf gem. § 60 Abs. 3 BBiG zählt hierzu.
Rz. 1036
Praktikanten und Volontäre, die nur vorübergehend in einem Berufspraktikum beschäftigt werden, können keine Rechte aus § 78a BetrVG geltend machen. Volontäre, die einen durch einen Tarifvertrag festgelegten geordneten Ausbildungsgang durchlaufen, der mindestens zwei Jahre dauert, können die Rechte aus § 78a BetrVG geltend machen (BAG v. 23.6.1983 – 6 AZR 595/80, DB 1984, 1786).
Rz. 1037
Der Auszubildende hat bereits ab dem Zeitpunkt, in dem das Wahlergebnis feststeht, die Rechte aus § 78a BetrVG (BAG v. 22.9.1983 – 6 AZR 323/81, DB 1984, 936).
Rz. 1038
Von § 78a BetrVG werden auch solche Mitglieder der Betriebsvertretung erfasst, deren Ausbildungsverhältnis vor Ablauf eines Jahres nach der Beendigung der Amtszeit endet, § 78a Abs. 3 BetrVG. Allerdings tritt diese Nachwirkung nicht ein, wenn das Ausscheiden des Betroffenen aus der Betriebsvertretung auf seinem gerichtlichen Ausschluss, der Feststellung der Nichtwählbarkeit oder der gerichtlichen Auflösung der Betriebsvertretung beruht (BAG v. 21.8.1979 – 6 AZR 789/77, DB 1980, 454).
Rz. 1039
§ 78a BetrVG gilt auch für Ersatzmitglieder. Ist der Auszubildende als Ersatzmitglied nur vorübergehend nachgerückt, hat er den nachwirkenden Bestandsschutz nach § 78a Abs. 3 BetrVG, wenn das Ausbildungsverhältnis vor Ablauf eines Jahres nach Beendigung des Vertretungsfalles beendet worden ist (BAG v. 13.3.1986 – 6 AZR 207/85, NZA 1986, 836).
Rz. 1040
Die Bestimmung gilt allerdings nicht für Auszubildende, die Mitglied des Wahlvorstande oder Wahlbewerber sind. Eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 2 KSchG ist angesichts des klaren Wortlauts der §§ 15 KSchG und 78a BetrVG ausgeschlossen.
c) Mitteilungspflichten des Arbeitgebers
Rz. 1041
Nach § 78a Abs. 1 BetrVG ist der Arbeitgeber, der einen Auszubildenden, der Mitglied einer Betriebsvertretung ist, nicht in ein Arbeitsverhältnis übernehmen will, verpflichtet, dies dem Auszubildenden spätestens drei Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses schriftlich mitzuteilen. Konkrete Rechtsfolgen sind allein mit der Unterlassung der Mitteilung oder ihrer Verspätung jedoch nicht verbunden. Insb. führt eine solche Konstellation nicht automatisch zu einem Arbeitsverhältnis mit dem Auszubildenden. Die Frist zur Mitteilung berechnet sich nach dem tatsächlichen Ende des Ausbildungsverhältnisses, nicht nach dem vereinbarten Ende. Wenn der Auszubildende die Abschlussprüfung früher besteht, ist die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses der maßgebliche Zeitpunkt (§ 21 Abs. 2 BBiG).
d) Begründung des Arbeitsverhältnisses
Rz. 1042
Der unter den Geltungsbereich des § 78a BetrVG fallende Auszubildende kann vom Arbeitgeber verlangen, nach der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses weiterbeschäftigt zu werden, § 78a Abs. 2 BetrVG. Das Weiterbeschäftigungsverlangen muss schriftlich erfolgen.
Rz. 1043
Das Weiterbeschäftigungsverlangen muss innerhalb der letzten drei Monate vor der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zugehen. Ein vor diesem Zeitpunkt gestelltes Weiterbeschäftigungsverlangen ist ebenso unwirksam, wie ein solches nach der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses. Endet das Ausbildungsverhältnis mit dem Bestehen der Abschlussprüfung, so endet die Drei-Monats-Frist am letzten Prüfungstag (BAG v. 31.10.1985 – 6 AZR 557/84, NZA 1986, 401).
Ein Weiterbeschäftigungsverlangen i.S.v. § 78a Abs. 2 S. 1 BetrVG...