Rz. 14
Nach Wegfall des früheren Rentenversicherungsnachteils (dazu bereits oben Rdn 9 sowie unten Rdn 31) liegt die einzige Besonderheit der Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Übergangsbereich (Midi-Job) in der Höhe und der Verteilung der Sozialversicherungsbeiträge unter Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wie bereits erwähnt bleibt der prozentuale Gesamtsozialversicherungsbeitrag, den der Arbeitgeber an die Einzugsstelle abzuführen hat, im Vergleich mit regulär versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen (also mit monatlichen Einkommen von mehr als 2.000 EUR) völlig unverändert. Die Sonderregelungen zur Beitragsbemessung im Übergangsbereich betreffen ausschließlich die Beitragsbemessungsgrundlage, die im Vergleich zu den regelmäßig beitragspflichtigen Einkünften insgesamt abgesenkt und zur Berechnung des Arbeitnehmeranteils nochmals reduziert wird. Wie gewohnt macht der Arbeitgeber die Erstattung des Arbeitnehmeranteils im Wege des Beitragsabzugs nach § 28g SGB IV beim Arbeitnehmer geltend.
Rz. 15
Als einzige bleiben die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung von den Midi-Job-Regelungen unberührt. Diese Beiträge sind ohnehin allein vom Arbeitgeber aufzubringen; zu Einzelheiten siehe oben § 24.
Rz. 16
In den vier übrigen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung wird der Beitragsvorteil für den Arbeitnehmer in zwei Schritten erreicht. In einem ersten Schritt wird der Berechnung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags nicht das tatsächliche Arbeitsentgelt zwischen 538 EUR und 2.000 EUR zugrunde gelegt, sondern lediglich ein ausschließlich zu diesem Zweck fiktiv vermindertes Entgelt (verminderte Bemessungsgrundlage, Bemessungsentgelt). Die rechnerische Reduzierung dieses Bemessungsentgelts erfolgt für alle betroffenen Zweige der Sozialversicherung (außer Unfallversicherung, s. Rdn 15) nach derselben einheitlichen Formel, die seit dem 1.10.2022 wie folgt lautet:
Rz. 17
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BE = F * G + ((2.000/(2.000-G) – (G/(2.000 – G) * F)) * (AE – G) |
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zurzeit (Mai 2024) also: |
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BE = 0,6846 * 538 + ((2000/(2000–538) – (538/(2.000 – 538) * 0,6846)) * (AE – 538) |
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= 368,3148 + (1,36798906 – 0,25192531) * (AE – 538) |
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= 368,3148 + 1,11606375 * (AE – 538) |
Rz. 18
Diese Formel ist für alle vier betroffenen Versicherungszweige nunmehr in § 20 Abs. 2a S. 1 SGB IV festgelegt.
Rz. 19
In der Formel steht "G" für die jeweilige Geringfügigkeitsgrenze (zurzeit 538 EUR), "AE" für das konkrete Brutto-Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers. "F" steht für den "Faktor, der sich ergibt, wenn der Wert 28 % geteilt wird durch den Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz des Kalenderjahres, in dem der Anspruch auf das Arbeitsentgelt entstanden ist", § 20 Abs. 2a S. 2 SGB IV. Die Zahl 28 als Dividend entspricht dem Sozialversicherungsanteil an dem Pauschbetrag, den der Arbeitgeber bei entgeltgeringfügiger Beschäftigung an die Knappschaft abführt (in der Regel 30 % insgesamt abzgl. 2 % Lohnsteueranteil). Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz und Faktor F sind vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales jeweils bis zum 31.12. eines Jahres für das folgende Kalenderjahr im Bundesanzeiger bekanntzugeben, § 20 Abs. 2a S. 5 SGB IV. Im Jahr 2024 betragen der Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz 40,9 % und der Faktor F also 28 / 40,9 = 0,6846.
Rz. 20
In einem zweiten Schritt wird dann berechnet, welchen (verminderten) Anteil der Arbeitnehmer an dem (bereits nach Schritt 1 reduzierten) Sozialversicherungsbeitrag zu tragen hat. Dieser beträgt 0 % an der Schwelle von der Geringfügigkeit zum Übergangsbereich (538,01 EUR) und 50 % an der Schwelle vom Übergangsbereich zur regulären Sozialversicherung (2.000 EUR). Dies wird durch eine weitere Formel erreicht, mithilfe derer das tatsächliche Bemessungsentgelt nochmals reduziert wird, nunmehr aber allein zugunsten des Arbeitnehmers (§ 20 Abs. 2a S. 6 SGB IV):
Rz. 21
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BE = 2.000/(2.000-G) * (AE – G) |
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zurzeit (Mai 2024) also: |
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BE = 2000/(2000–538) * (AE – 538) = 1,36798906 * (AE – 538) |
Rz. 22
Die Prognose, die zur Ermittlung anzustellen ist, ob das Arbeitsentgelt regelmäßig im Übergangsbereich liegt und § 20 Abs. 2a SGB IV daher anwendbar sein wird, kann im Einzelfall – nämlich bei schwankendem Arbeitseinsatz und daher auch schwankendem Entgelt – dazu führen, dass zwar das durchschnittliche Arbeitsentgelt innerhalb des Übergangsbereichs liegen wird, dass die Ober- bzw. Untergrenze des Übergangsbereichs aber in einzelnen Monaten über- bzw. unterschritten werden. Nach früherer Auffassung der Rentenversicherung zur damaligen Gleitzone konnte die Beitragsberechnung für diese Monate nicht nach der gesetzlichen Regelung zum Übergangsbereich erfolgen, sondern war der Beitragsbemessung (auch der Berechnung des Arbeitnehmeranteils) sowohl bei Unterschreitung als auch bei Überschreitung der Grenzen des Übergangsbereichs das tatsächliche Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Das ist für Monate der Überschreitung der Obergrenze akzeptabel, in denen dann also die reguläre Verteilung der Beitragslast Anwendung findet.
Rz...