I. Gegenstandswert/Wertgebühren
Rz. 49
Die Wertgebühren sind in § 13 RVG geregelt. Das RVG erhält zu § 13 Abs. 1 RVG eine Anlage 2, aus der sich in einer Tabelle die Gebühren entnehmen lassen. Bestimmungen zur Berechnung des Gegenstandswertes und der Wertfestsetzung finden sich in den §§ 22 bis 31 RVG. Ausführungen hierzu finden Sie in Rdn 314. § 22 Abs. 1 RVG behandelt den Grundsatz, dass in derselben Angelegenheit mehrere Gegenstände zusammengerechnet werden.
Rz. 50
Beispiel
Es wird eine Klage erhoben. In dieser Klage werden mehrere Anträge gestellt: 1. Zahlung eines Kaufpreises, 2. Zahlung eines Schadensersatzes. Hier treffen in derselben Angelegenheit mehrere Gegenstände aufeinander. Die Werte (Kaufpreis und Schadensersatz) sind zu addieren. § 22 Abs. 1 RVG ist beim Gegenstandswert zu zitieren.
II. Rahmengebühren
Rz. 51
Bei Rahmengebühren muss der Rechtsanwalt die Höhe seiner Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens unter Berücksichtigung des Einzelfalls und der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG nach billigem Ermessen selbst bestimmen. Man unterscheidet Betragsrahmengebühren und Satzrahmengebühren. Betragsrahmengebühren finden sich zum Beispiel bei den Straf- und Bußgeldsachen, so z.B. die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG in Höhe von 40,00 bis 360,00 EUR. Ein Beispiel für eine Satzrahmengebühr ist die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG von 0,5 bis 2,5. Die in § 14 Abs. 1 RVG aufgezählten Kriterien sind:
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Umfang der Angelegenheit |
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Schwierigkeit der Angelegenheit |
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Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber |
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Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers |
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ein besonderes Haftungsrisiko. |
Rz. 52
Besteht in einem Rechtsstreit zwischen Rechtsanwalt und seinem Mandanten Streit über die Höhe einer Rahmengebühr, hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen (§ 14 Abs. 2 RVG). Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten (§ 14 Abs. 2 S. 2 RVG). Dabei gilt das RVG und damit auch § 14 Abs. 2 RVG nach herrschender Meinung allein im Verhältnis vom Auftraggeber zum Rechtsanwalt, nicht aber vom Auftraggeber zu einem etwaigen erstattungspflichtigen Dritten. Dennoch werden die Rechtsanwaltskammern in der Regel, wenn das Gericht in einem Prozess gegen einen Dritten ein Gutachten anfordert, dieses auch für die Verfahren des Auftraggebers gegen Dritte erstatten. Solche Gutachten sind aber – im Gegensatz zu solchen im Vergütungsprozess zwischen Anwalt und Auftraggeber – nicht immer kostenlos. Einige Kammern sind dazu übergegangen, hierfür gesonderte Gebühren zu erheben.
III. Festgebühren
Rz. 53
Das RVG kennt Festgebühren z.B. in der Beratungshilfe, Teil 2 Abschnitt 5 des Vergütungsverzeichnisses. Diese Gebühren entstehen immer in einer bestimmten Höhe und sind nicht vom Gebührensatz oder dem Gegenstandswert abhängig, z.B. beträgt die Beratungsgebühr in einem Beratungshilfemandat nach Nr. 2501 VV RVG immer 35,00 EUR, unabhängig davon, wie lange die Beratung gedauert hat oder wie hoch ein eventueller Gegenstandswert wäre.
IV. Abgeltungsbereich der Gebühren
1. Auftrag ist entscheidend
Rz. 54
Grundsätzlich ist der erteilte Auftrag dafür entscheidend, welche Gebühren anfallen (z.B. Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG oder vorzeitige Beendigung bei unbedingtem Klageauftrag Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG). Die Frage nach dem erteilten Auftrag ist daher für den Ansatz der richtigen Gebühr maßgeblich.
Rz. 55
Bitte beachten Sie: Zum 1.8.2013 hat der Gesetzgeber durch das 2. KostRMoG in Vorbem. 3 Abs. 1 VV RVG klargestellt, dass nur der Rechtsanwalt Gebühren nach Teil 3 VV RVG beanspruchen kann, dem ein unbedingter Klageauftrag erteilt wurde. Folge der konsequenten Anwendung dieser Klarstellung im Gesetz ist, dass es ein Aufforderungsschreiben mit Klageauftrag (welches bei Zahlung durch den Schuldner eine 0,8 Verfahrensgebühr wegen vorzeitiger Beendigung auslöst) nicht mehr geben kann, obwohl dies bekanntermaßen mehr als 30 Jahre lang so unterrichtet wurde. Denn sobald dem Schuldner noch eine Frist gesetzt und Klage erst nach fruchtlosem Fristablauf angekündigt wird, liegt allenfalls ein bedingter Klageauftrag vor, nicht aber ein unbedingter Klageauftrag. Um irgendeine Gebühr nach Teil 3 VV RVG auszulösen, und damit auch die 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG, muss der Anwalt aber eine unbedingten Klageauftrag haben. "Unbedingt" bedeutet: An keine Bedingung mehr geknüpft. Kein "wenn, dann". Viele stellen sich die Frage, warum es dann die 0,8 Verfahrensgebühr überhaupt gibt. Die Antwort ist einfach. Irgendwann kommt der Punkt, an dem feststeht, dass die außergerichtlichen Bemühungen gescheitert sind. Der Mandant erteilt den unbedingten Auftrag, nunmehr Klage zu erheben. Es dauert ein paar Tage bis eine solche Klage diktiert, geschrieben und eingereicht ist. Wenn vor der Einreichung aber nach Erteilung des unbedingten Klageauftrags der Gegner sich mit dem Anwalt in Verbindung setzt und man sich z.B. einigt, so dass eine Klage nicht mehr eingereicht werden muss, kann der Rechtsanwalt die 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG abrechnen. Sollte er zuvor eine Geschäftsgebühr verdient haben, müsste er diese natürlich gem. ...