I. Grundsatz der Abrechnung
Rz. 346
Familiensachen werden im Rahmenlehrplan nur noch rudimentär erwähnt; da aber immer noch in einigen Kammerbezirken Familiensachen geprüft werden, werden sie auch in dieser Auflage weiter – wenn auch nur in geringem Umfang – behandelt. Gebührenmäßig fallen hier dieselben Gebühren an, wie in anderen Zivilsachen (z.B. Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG; Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG usw.). Es gibt in Familiensachen aber einige Besonderheiten:
Neben sog. Hauptsacheverfahren können auch einstweilige Anordnungsverfahren vorkommen, wenn die Sache z.B. besonders eilbedürftig ist. Diese stellen gebührenrechtlich immer eine eigene Sache dar, § 17 Nr. 4a RVG. Der Wert ist hier jedoch im Vergleich zum Hauptsacheverfahren i.d.R. zu halbieren, siehe § 41 FamGKG. Eine Anrechnung der Verfahrensgebühr für die einstweilige Anordnung auf die Verfahrensgebühr der Hauptsache findet nicht statt.
Ist eine Scheidung anhängig, kann es hier zu einem Verbundverfahren mit Folgesachen kommen. Hier wären die Werte der einzelnen Folgesachen (siehe dazu §§ 137 Abs. 2 u. 3 FamFG) zu addieren, § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG; Scheidung und Folgesachen gelten als ein Verfahren.
Eine Einigungsgebühr kann aus dem Wert der Scheidung niemals entstehen, da man sich über eine Scheidung nicht einigen/vergleichen kann, siehe auch Abs. 5 der Anmerkung zu Nr. 1000 VV RVG.
Für Familiensachen gibt es im FamGKG eigene Wertbestimmungen.
Auch die Gerichtskosten sind nicht im GKG, sondern im FamGKG geregelt.
Bei den Gerichtskosten gelten teilweise niedrigere Gebühren, so muss z.B. für einen Scheidungsantrag eine 2,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 1110 KV FamGKG eingezahlt werden im Gegensatz zu einer Klage, wo nach Nr. 1210 KV GKG, § 12 GKG eine Verfahrensgebühr in Höhe von 3,0 einzuzahlen ist.
II. Ehesachen
Rz. 347
Der Wert in Ehesachen bestimmt sich nach § 43 FamGKG:
§ 43 FamGKG
(1) 1In Ehesachen ist der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen. 2Der Wert darf nicht unter 3.000 EUR und nicht über eine Million EUR angenommen werden.
(2) Für die Einkommensverhältnisse ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten einzusetzen.
Rz. 348
Die Bewertungskriterien für den Wert einer Ehe- oder Lebenspartnerschaftssache sind:
▪ |
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls insbesondere |
▪ |
des Umfangs und |
▪ |
der Bedeutung der Sache für die Ehegatten |
▪ |
der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten |
▪ |
nach Ermessen des Gerichts |
III. Kindschaftssachen im Verbund und isoliert
Rz. 349
Die Scheidungssache und die Folgesachen gelten als ein Verfahren, § 44 Abs. 1 FamGKG.
Rz. 350
Sofern im Verbund das Sorgerecht, Umgangsrecht oder die Kindesherausgabe Folgesachen werden, erhöht sich der Verfahrenswert nach § 43 FamGKG für jede Kindschaftssache um 20 Prozent, höchstens um jeweils 3.000,00 EUR; eine Kindschaftssache ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft (§ 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG).
Rz. 351
Beispiel
Das Gericht setzt den Wert der Ehesache auf 13.400,00 EUR fest.
Ermittlung des Werts für die Kindschaftssache Sorgerecht:
20 % von 13.400,00 EUR = 2.680,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 43 Abs. 2 FamGKG
Rz. 352
In einer isolierten Kindschaftssache (d.h. ohne anhängiges Scheidungsverfahren), die
▪ |
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG) |
▪ |
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG) oder |
▪ |
die Kindesherausgabe (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 FamGKG) |
betrifft, beträgt der Verfahrenswert 3.000 EUR.
IV. Versorgungsausgleichsachen
Rz. 353
In Versorgungsausgleichssachen beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten (§ 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG). Der Wert nach Satz 1 beträgt insgesamt mindestens 1.000 EUR (§ 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG).
Rz. 354
In Verfahren über einen Auskunftsanspruch oder über die Abtretung von Versorgungsansprüchen beträgt der Verfahrenswert 500,00 EUR (§ 50 Abs. 2 FamGKG). Ist der nach § 50 Abs. 1 und 2 FamGKG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen (§ 50 Abs. 3 FamGKG).
Rz. 355
Beispiel
Das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Ehegatten beläuft sich auf 4.900,00 EUR. Es werden gesetzliche Rentenversicherungsansprüche beider Ehegatten sowie eine betriebliche Rente des Ehemannes ausgeglichen.
Wertberechnung für das Versorgungsausgleichsverfahren:
10 % von 4.900,00 EUR = 490,00 EUR |
|
Ausgleichsansprüche gesetzliche RV Ehefrau |
490,00 EUR |
Ausgleichsansprüche gesetzliche RV Ehemann |
490,00 EUR |
Ausgleichsansprüche Betriebsrente Ehemann |
490,00 EUR |
Summe Verfahrenswert Versorgungsausgleich |
1.470,00 EUR |
V. Einstweilige Anordnungen
Rz. 356
Im Verfahren der einstweiligen Anordnung in Familiensachen ist der Wert in der Regel unter Berücksichtigung der ger...