Rz. 40
Für die Vertretung in einem Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 2 FGO vor dem Finanzamt oder einer anderen Behörde gilt das RVG i.V.m. den Vorschriften des VV, nicht § 35 RVG i.V.m. der StBVV, da § 35 RVG schon früher nicht auch auf § 44 StBVV a.F. Bezug genommen hat und diese Vorschrift zwischenzeitlich aufgehoben ist. Es gelten hier nach § 40 StBVV ohnehin die Vorschriften des RVG. Die Tätigkeit ist nach § 17 Nr. 1a RVG gegenüber der Tätigkeit im Einspruchsverfahren eine eigene selbstständige Angelegenheit, sodass der Anwalt hier wiederum eine Geschäftsgebühr erhält. Diese richtet sich nach Nr. 2300 VV, und zwar auch dann, wenn der Anwalt bereits im Besteuerungsverfahren tätig war.
Rz. 41
Der Gegenstandswert im Verfahren auf Aussetzung bemisst sich i.d.R. mit 10 % der Steuerforderung. Der Mindeststreitwert des § 52 Abs. 4 GKG greift hier nicht.
Beispiel 13: Hilfeleistung bei Abgabe einer Steuererklärung mit anschließendem Einspruchsverfahren und Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung
Der Anwalt fertigt für den Mandanten die Erbschaftssteuererklärung (Wert des Nachlasses: 150.000,00 EUR). Es ergeht ein Erbschaftssteuerbescheid über 4.000,00 EUR. Der Mandant beauftragt den Anwalt, gegen den Steuerbescheid Einspruch einzulegen und zugleich gem. § 69 Abs. 2 FGO die Aussetzung der Vollziehung zu beantragen.
Für die Abgabe der Steuererklärung gilt wiederum § 35 RVG i.V.m. § 24 Nr. 12 StBVV, für das Einspruchsverfahren gilt Nr. 2300 VV unter hälftiger Anrechnung der vorangegangenen Gebühr.
Das Verfahren auf Aussetzung ist nach § 17 Nr. 1a RVG eine weitere eigene Angelegenheit, die nach Nr. 2300 VV vergütet wird, allerdings aus dem geringeren Wert (10 % von 4.000,00 EUR).
I. |
Steuererklärung |
1. |
6/10-Gebühr, § 35 RVG i.V.m. § 24 Nr. 12 StBVV |
|
1.118,40 EUR |
|
(Wert: 150.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.138,40 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
216,30 EUR |
Gesamt |
|
1.354,70 EUR |
II. |
Einspruchsverfahren |
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
417,00 EUR |
|
(Wert: 4.000,00 EUR) |
|
|
2. |
gem. § 35 Abs. 2 S. 1 RVG anzurechnen, |
|
– 83,40 EUR |
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3/10 aus 4.000,00 EUR |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
353,60 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
67,18 EUR |
Gesamt |
|
420,78 EUR |
III. |
Verfahren auf Aussetzung |
|
|
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
73,50 EUR |
|
(Wert: 400,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
14,70 EUR |
|
Zwischensumme |
88,20 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
16,76 EUR |
Gesamt |
|
104,96 EUR |
Rz. 42
Zur Anrechnung der Verfahrensgebühr in einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren auf Aussetzung siehe unten (vgl. Rdn 80).
Rz. 43
Darüber hinaus kann der Anwalt auch eine 1,5-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Nr. 1 VV verdienen.
Beispiel 14: Vertretung im Verfahren auf Aussetzung mit Einigung
Der Anwalt wird beauftragt, die Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids über 50.000,00 EUR zu beantragen. Aufgrund der Mitwirkung des Anwalts kommt es zu einer Einigung mit dem Finanzamt. Als Gegenstandswert ist für die Aussetzung der Vollziehung 1/10 der Steuerforderung in Ansatz zu bringen.
Der Anwalt erhält neben der Geschäftsgebühr auch eine 1,5-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Nr. 1 VV.
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
501,00 EUR |
|
(Wert: 5.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1002 VV |
|
501,00 EUR |
|
(Wert: 5.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.022,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
194,18 EUR |
Gesamt |
|
1.216,18 EUR |
Rz. 44
Eine 1,5-Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV dürfte nicht in Betracht kommen, da es sich bei dem Aussetzungsverfahren nicht um ein Rechtsbehelfsverfahren handelt, was aber tatbestandlich für die Gebühr nach Nr. 1002 VV Voraussetzung ist. Soweit man eine Erledigung für möglich hält, wäre abzurechnen wie im vorangegangenen Beispiel 14, mit der Maßgabe, dass anstelle der Einigungsgebühr eine Erledigungsgebühr in gleicher Höhe anzusetzen wäre.