Rz. 717

Angesichts der bisherigen Ausführungen erscheint es sinnvoll, Wertausgleiche – soweit sie im konkreten Fall unausweichlich oder vom Erblasser ausdrücklich gewünscht sind – aktiv zu gestalten und sie in Form von Vermächtnissen (§ 2174 BGB) ausdrücklich anzuordnen. Denn, wie gesehen, stellt die Erfüllung eines Vermächtnisses durch den beschwerten Erben kein Entgelt für den Erwerb der Erbschaft dar,[1115] sodass die steuerpflichtige Aufdeckung stiller Reserven in der Regel vermieden werden kann.[1116]

Am konsequentesten wird diese Regel beim so genannten Alleinerben-Vermächtnis-Modell[1117] umgesetzt. Dabei wird derjenige der ins Auge gefassten Vermögensnachfolger, bei dem steuerverhaftetes Vermögen langfristig verbleiben soll, als Alleinerbe eingesetzt. Gleichzeitig werden zugunsten der übrigen Vermögensnachfolger Vermächtnisse angeordnet, kraft derer sie gemäß §§ 2174, 2147 BGB berechtigt sind, von dem Alleinerben bestimmte Leistungen oder Gegenstände herauszuverlangen. Durch die Erfüllung der Vermächtnisse kommt es zu dem vom Erblasser angestrebten Wertausgleich unter den Nachlassempfängern.

[1116] Etwas anderes gilt nur, wenn der Vermächtnisnehmer (ausnahmsweise) eine Gegenleistung für den Erwerb des Vermächtnisgegenstandes zu erbringen hat; vgl. BMF-Schreiben v. 14.3.2006, BStBl I 2006, 253, Tz. 71.
[1117] Gl. Söffing, DB 1991, 828, 837.

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