a) Grundsätzliches
Rz. 666
Rein begrifflich ist nach h.M. jede Auseinandersetzung über das Vermögen einer Gesamthand eine Realteilung. Von der Sachwertabfindung unterscheidet sie sich dadurch, dass im Rahmen der Realteilung der Betrieb der Mitunternehmerschaft (durch diese) aufgegeben werden muss, während er bei der Sachwertabfindung grundsätzlich in der Hand der Gesamthand fortbesteht.
b) Privatvermögen
Rz. 667
Kommt es im Rahmen der Erbauseinandersetzung über Privatvermögen zu einer realen Teilung des Nachlasses ohne die Leistung irgendwelcher Ausgleichszahlungen, ist dieser Vorgang insgesamt als einkommensteuerneutral zu betrachten. Das gilt selbst dann, wenn einzelne Wirtschaftsgüter nach §§ 17, 23 EStG oder nach § 21 UmwStG steuerverhaftet sein sollten. § 16 Abs. 2 EStG ist allein schon mangels Realteilung einer Mitunternehmerschaft nicht einschlägig.
c) Betriebsvermögen
Rz. 668
Bei der Realteilung eines Nachlasses, der ausschließlich aus Betriebsvermögen besteht, kann eine Steuerpflicht zunächst dadurch vermieden werden, dass die Miterben nicht einzelne Wirtschaftsgüter erhalten, sondern ihnen stattdessen (lebensfähige) Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile zugewiesenen werden. In diesen Fällen greift nämlich die in § 6 Abs. 3 EStG vorgesehene Buchwertfortführung.
Rz. 669
Wird das Betriebsvermögen in der Weise aufgeteilt, dass die Miterben einzelne Wirtschaftsgüter erhalten, ist § 16 Abs. 3 EStG grundsätzlich anwendbar, da hier in der Regel eine Betriebsaufgabe durch die Entnahme sämtlicher Wirtschaftsgüter vorliegt.
Beispiel
A und B sind Miterben zu ½. Zum Nachlass gehört ein Betriebsvermögen, das lediglich aus zwei Grundstücken besteht, die beide einen Buchwert von 200.000 EUR und einen Verkehrswert von 2 Mio. EUR haben. A und B setzen sich unter Aufgabe des Betriebs in der Weise auseinander, dass A das Grundstück 1 und B das Grundstück 2 erhält.
Lösung
Durch die Betriebsaufgabe entsteht ein Aufgabegewinn von 3,6 Mio. EUR in der Erbengemeinschaft, den A und B je zur Hälfte zu versteuern haben.
Rz. 670
Gemäß § 16 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 kommt eine steuerneutrale Übertragung dann in Betracht, wenn die Wirtschaftsgüter beim Übernehmer Betriebsvermögen bleiben.
Beispiel
S und T sind Miterben zu je ½. Zum Nachlass gehören zwei Betriebe im Wert von je 1 Mio. EUR. S erhält Betrieb 1, T erhält Betrieb 2.
Lösung
In dieser Konstellation liegt keine Betriebsaufgabe vor. Jeder der beiden Betriebe bleibt auch nach der Realteilung der Erbengemeinschaft bestehen und wird in dieser unveränderten Form auf den jeweiligen Miterben übertragen. Die Buchwerte sind für die beiden Betriebe fortzuführen (§ 16 Abs. 3 S. 2 bis 4 EStG).
Rz. 671
Allerdings ist rückwirkend der gemeine Wert (= Teilwert) anzusetzen, wenn es binnen einer Sperrfrist von drei Jahren zu einer Veräußerung oder Entnahme der übernommenen Wirtschaftsgüter kommt. Die Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuerklärung der Mitunternehmerschaft (= Erbengemeinschaft) für den Veranlagungszeitraum der Realteilung. Auch die – im Rahmen der Erbauseinandersetzung aber wohl eher unbedeutende – Übertragung von Wirtschaftsgütern auf eine Körperschaft schließt die Buchwertfortführung aus (§ 16 Abs. 3 S. 4 EStG).
Rz. 672
Die bloße Realteilung stellt weder einen Tausch oder tauschähnlichen Vorgang der Miteigentumsanteile an den einzelnen Wirtschaftsgütern noch den Tausch eines Anteils am Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gegen Alleineigentum an den zugewiesenen Wirtschaftsgütern und auch keine (steuerpflichtige) Aufgabe eines Mitunternehmeranteils dar.
Rz. 673
Entscheidend ist, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen des der Erbengemeinschaft angefallenen Gewerbebetriebs auch nach Abschluss der Realteilung Betriebsvermögen bleiben und die spätere Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Unter dieser Voraussetzung hat der übernehmende Erbe zwingend die Buchwerte des Erblassers fortzuführen, § 16 Abs. 3 S. 2 EStG.
d) Mischnachlass
Rz. 674
Von einem Mischnachlass wird gesprochen, wenn der Erbengemeinschaft sowohl Privat- als auch Betriebsvermögen angefallen ist. Wird dieser Nachlass in der Weise geteilt, dass einer der Miterben das gesamte Betriebsvermögen und der oder die anderen das Privatvermögen erhalten, ist § 16 Abs. 3 EStG nicht anwendbar, da es gar nicht zur Teilung einer Mitunternehmerschaft kommt. Gegenstand de...