a) Grundsätzliches
Rz. 675
Oftmals sind die für eine Realteilung in Betracht kommenden Wirtschaftsgüter nicht gleichwertig. In diesen Fällen werden zum Ausgleich der Wertdifferenzen Zahlungen zwischen den Miterben vereinbart, die diese aus ihrem jeweiligen Eigenvermögen leisten. Insoweit handelt es sich um Entgelte, die die Erben für das bezahlen, was ihnen bei der Teilung über die ihnen jeweils zustehende Erbquote hinaus zufällt.
Rz. 676
Nach Auffassung der Finanzverwaltung führt die Übernahme von Schulden über die Erbquote hinaus weder bei einer Auseinandersetzung über Privat- noch über Betriebsvermögen zu steuerpflichtigen Veräußerungserlösen. Es ist also möglich, durch die überproportionale Zuteilung von Schulden einen keine Steuerpflicht auslösenden Wertausgleich zu bewirken.
Beispiel
A und B sind Erben zu je ½. Zum Nachlass gehört ein Grundstück (Verkehrswert 2 Mio. EUR), das mit einer noch voll valutierten Hypothek von 1 Mio. EUR belastet ist. Weiterhin gehören zum Nachlass Wertpapiere (Verkehrswert: 3 Mio. EUR). Die Erben setzen sich dahingehend auseinander, dass A das Grundstück und B die Wertpapiere erhält. B übernimmt außerdem die Verbindlichkeiten in voller Höhe.
Es liegt eine Realteilung ohne Abfindungszahlung, also ein unentgeltlicher Rechtsvorgang vor. A erhält einen Wert von 2 Mio. EUR (Grundstück). B erhält ebenfalls einen Wert von 2 Mio. EUR (Wertpapiere im Wert von 3 Mio. EUR abzüglich einer übernommenen Verpflichtung von 1 Mio. EUR).
Rz. 677
Dennoch ist davon auszugehen, dass die von einem Miterben im Rahmen einer Erbauseinandersetzung übernommenen Schulden der Erbengemeinschaft insoweit Anschaffungskosten der von ihm übernommenen Nachlassgegenstände bilden, als sie seinen Anteil am Nachlass übersteigen. Die AfA sei daher auf der Grundlage dieser Anschaffungskosten zu ermitteln.
b) Privatvermögen
Rz. 678
Werden bei der Realteilung zum Ausgleich von Wertunterschieden Abfindungszahlungen geleistet, kann dies zur Verwirklichung einkommensteuerrechtlich relevanter Tatbestände führen. Infrage kommen insoweit insbesondere § 17 EStG (Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft), § 23 EStG (privates Veräußerungsgeschäft) oder § 21 UmwStG (Veräußerung einbringungsgeborener Anteile). Die Erben werden im Ergebnis so behandelt, als ob der Erblasser (anteilig) die entsprechenden Tatbestände verwirklicht hätte.
Rz. 679
Im Hinblick auf die mittlerweile sehr geringe Beteiligungsgrenze des § 17 EStG sowie die (für Immobilien) auf zehn Jahre ausgedehnte Frist des § 23 EStG bestehen insoweit erhebliche finanzielle Risiken, die nur durch eine sorgfältig geplante, sachgerechte letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) minimiert werden können.
Die Risiken einer Steuerpflicht nach § 17 EStG betreffen in erster Linie die Gesellschafter mittelständischer GmbHs bzw. deren Rechtsnachfolger. Hier wird die Beteiligungsgrenze regelmäßig deutlich überschritten. Darüber hinaus stellt die Beteiligung oftmals einen wesentlichen Teil des Nachlasses dar, sodass die Übernahme durch nur einen Miterben ohne Wertausgleich (aus dessen Eigenvermögen) praktisch gar nicht vorstellbar ist.
c) Betriebsvermögen
Rz. 680
Auch die Übernahme von Betriebsvermögen, insbesondere ganzer Betriebe, ist vielfach nur unter Leistung von Ausgleichszahlungen an die so genannten weichenden Erben möglich. Werden diese Ausgleichszahlungen aus dem Eigenvermögen des Betriebsnachfolgers erbracht, wird hierdurch i.d.R. der Tatbestand des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG verwirklicht. Die weichenden Erben, die die Ausgleichszahlungen erhalten, erzielen einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn. Dieser kann allerdings gemäß § 34 EStG tarifbegünstigt sein, wobei wohl in erster Linie Abs. 3 zur Anwendung kommen wird.
Rz. 681
Werden nicht ganze Betriebe oder Teilbetriebe bzw. Mitunternehmeranteile übertragen und übernehmen die Erben lediglich Einzelwirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, führen Ausgleichszahlungen bei den Empfängern zu nicht tarifbegünstigten Gewinnen.
d) Mischnachlass
Rz. 682
Sofern der Betriebsübernehmer auch Teile des Privatvermögens des Erblassers übernimmt und hierfür insgesamt eine Ausgleichszahlung aus seinem eigenen Vermögen leistet, ist die Zahlung entsprechend der Wertrelation zwischen Betriebs- und Privatvermögen aufzuteilen. Hieran schließt sich die Prüfung der relevanten Steuertatbestände an.