Rz. 143
Im Bereich der abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten nennt der Gesetzgeber in § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG zunächst die so genannten Erblasserschulden, also die von dem Verstorbenen selbst begründeten und seinen Erben hinterlassenen Verbindlichkeiten. Insoweit kommt ausschließlich ein Abzug durch den oder die Erben in Betracht, weil nur diese im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge in die Verpflichtungen des Erblassers eintreten (§ 1967 BGB). Zu beachten ist hier allerdings, dass solche Verbindlichkeiten, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem Gewerbebetrieb stehen, primär im Rahmen der Bewertung dieses Betriebes Berücksichtigung finden (§ 12 Abs. 5 ErbStG) und nur ein dort etwa nicht in die Bewertung eingeflossener Teil nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abgezogen werden kann.
Rz. 144
Zu den Erblasserschulden im Sinne von § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG gehören neben Darlehens- und ähnlichen Verbindlichkeiten auch Verpflichtungen aus laufenden Dauerschuldverhältnissen, die durch den Tod des Erblassers nicht enden. Diese sind bis zum frühestmöglichen Kündigungstermin abzugsfähig. Ebenso gehören hierher vom Erblasser hinterlassene Steuerschulden, und zwar sowohl im Bereich der Einkommensteuer als auch beispielsweise Erbschaft- oder Schenkungsteuerverpflichtungen des Erblassers, die aus diesem zu Lebzeiten angefallenen Erbschaften oder Schenkungen resultieren. Schließlich bildet auch die Zugewinnausgleichsforderung des überlebenden Ehegatten, die dieser den Erben gegenüber geltend machen kann, eine Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG.
Rz. 145
Neben den Erblasserschulden sind gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG auch die so genannten Erbfallschulden, also solche Verbindlichkeiten, die ihren Entstehungsgrund im Erbfall selbst haben, abzugsfähig. Hierher gehören z.B. geltend gemachte Pflichtteilsansprüche oder aufgrund letztwilliger Verfügung des Erblassers zu erfüllende Vermächtnisse und Auflagen, die ebenfalls die Bereicherung des beschwerten Erben oder Vermächtnisnehmers mindern. Auch Auflagenverpflichtungen können gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG abgezogen werden.
Rz. 146
Als sonstige abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten nennt § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer, was in der Praxis auf eine Multiplikation des Jahreswerts mit dem Faktor 9,3 (vgl. insoweit § 13 Abs. 2 BewG) hinausläuft. Ebenso ist anerkannt, dass Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit der Erstellung der Erbschaftsteuererklärung als sonstige Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG anzusehen und daher abzugsfähig sind.
Rz. 147
Ohne Nachweis wird nach § 10 Abs. 3 ErbStG ein pauschaler Betrag in Höhe von 10.300 EUR anerkannt; höhere Beträge müssen einzeln nachgewiesen werden.
Der Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG ist im Übrigen der einzige Abzugsposten, der von Gesetzes wegen nie einer Kürzung nach § 10 Abs. 6 S. 5 ErbStG unterliegt (ausdrücklich geregelt in § 10 Abs. 6 S. 6 ErbStG).
Rz. 148
Den grundsätzlichen Abzugsmöglichkeiten nach § 10 Abs. 5 ErbStG stehen die Sonderregelungen der Absätze 6–9 gegenüber, durch die die Abzugsmöglichkeiten teilweise wieder eingeschränkt werden. Hier sollten sie stets im Einzelfall prüfen, ob einer der dort genannten Ausnahmefälle vorliegt und hierdurch die Abzugsmöglichkeit vorhandener Verbindlichkeiten eingeschränkt wird.