Rz. 592
Gemäß § 13a Abs. 6 S. 3 ErbStG kann eine Nachversteuerung wegen Behaltensfristverstoßes durch (rechtzeitige) Reinvestition des erzielten Veräußerungserlöses (jeweils innerhalb derselben Vermögensart) vermieden werden. Die Reinvestitionsklausel greift nicht für Überentnahmen oder vergleichbare Sachverhalte i.S.v. § 13a Abs. 6 Nr. 3 ErbStG oder bei Wegfall einer Poolung (§ 13a Abs. 6 Nr. 5 ErbStG). Ihr Anwendungsbereich ist auf Veräußerungserlöse, die bei Verstößen gegen die Behaltensfrist i.S.v. § 13a Abs. 6 Nr. 1, 2 und 4 ErbStG anfallen, beschränkt.
Rz. 593
Wie bereits angesprochen, muss die Reinvestition in Vermögen der jeweils selben Vermögensart erfolgen. Bei Umschichtungen beispielsweise von Veräußerungserlösen aus dem betrieblichen Bereich in eine Kapitalgesellschaftsbeteiligung ist – nach Gesetzeswortlaut und Verwaltungsauffassung – keine Reinvestition gegeben. Spielräume bestehen daher nur innerhalb derselben Vermögensart.
Innerhalb derselben Vermögensart verbleibt der Erlös z.B. dann, wenn nach Veräußerung einer wesentlichen Betriebsgrundlage im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Steuerpflichtigen neue wesentlicher Betriebsgrundlagen oder anderer im Betrieb verwendeter Wirtschaftsgüter (die kein Verwaltungsvermögen darstellen) angeschafft werden. Dasselbe gilt für die Verwendung der Erlöse aus der Veräußerung eines Teilbetriebes oder eines gesamten Betriebes.
Rz. 594
Eine begünstigte Reinvestition kann auch durch die Tilgung betrieblicher Schulden erfolgen. Die Zuführung eines Erlöses zu den Liquiditätsreserven des Unternehmens kommt aber nicht als Reinvestition in Betracht.
Rz. 595
Abgesehen davon, dass die Reinvestition ausschließlich in Vermögen derselben Vermögensart erfolgen darf, ist die Auswahl der in Betracht kommenden Reinvestitionsgüter praktisch nicht eingeschränkt. Nur Investitionen in Verwaltungsvermögen i.S.v. § 13b Abs. 4 ErbStG kommen für eine – begünstigte – Reinvestition nicht in Betracht (§ 13a Abs. 6 S. 4 ErbStG).
Für die Einhaltung der in § 13a Abs. 6 S. 4 ErbStG geregelte Sechs-Monats-Frist stellt die Finanzverwaltung ausdrücklich auf den Abschluss des obligatorischen Rechtsgeschäfts ab. Im Übrigen geht wenigstens das FG Münster davon aus, dass das Gesetz keine starre zeitliche Grenze vorsehe. § 13a Abs. 6 S. 4 ErbStG beinhalte nur eine Art gesetzliche Vermutung.
Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft genügt für die Reinvestition in ein neues Gebäude im Übrigen der Baubeginn, ggf. sogar die Stellung des Bauantrags, innerhalb der Frist. Außerdem ist bei einer Kapitalgesellschaft zu beachten, dass die Reinvestitionsfrist nicht bereits mit einer Veräußerung, sondern erst mit der Verteilung des hierbei erzielten Erlöses an die Gesellschafter beginnen kann.
Rz. 596
Eine nach den gesetzlichen Vorgaben anzuerkennende Reinvestition führt dazu, dass ein Behaltensfristverstoß nicht anzunehmen und – wie das Gesetz es formuliert – "von einer Nachversteuerung abzusehen" ist. Die Behaltensfrist läuft aber weiter; sie setzt sich sozusagen am Reinvestitionsgut (bis zu ihrem regulären Ablauf) fort.