a) Neuberechnung der Steuer
Rz. 597
Gem. § 13a Abs. 6 S. 1 ErbStG fallen bei Behaltensfristverstößen sowohl der Verschonungsabschlag nach Abs. 1 als auch der Abzugsbetrag nach Abs. 2 mit Wirkung für die Vergangenheit weg (soweit der Verstoß reicht). Somit führen beispielsweise schädliche Verfügungen über Teile des begünstigten Vermögens (wesentliche Betriebsgrundlagen, Teilbetriebe, einer von mehreren Betrieben bzw. begünstigtes Vermögen nur einer von mehreren erworbenen Vermögensarten) auch nur zu einem teilweisen Entfall der Verschonungen. Für die übrigen, nach der schädlichen Verfügung noch verbleibenden Teile des begünstigten Vermögens sind sowohl der Verschonungsabschlag als auch ggf. der Abzugsbetrag (Letzterer ggf. angepasst an die durch die schädliche Verfügung veränderten Verhältnisse) anzuwenden.
Rz. 598
Die Nachversteuerung erfolgt stets erwerberbezogen, und zwar auf der Grundlage einer vollständigen Neuberechnung des steuerpflichtigen Erwerbs entsprechend des (ggf. anteiligen) Wegfalls der Verschonungen. Dabei kann ein anteiliger Wegfall des Verschonungsabschlages zur Folge haben, dass der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG in größerem Umfang zur Anwendung gelangt als bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung.
Rz. 599
Fällt im Rahmen der Nachversteuerung der Abzugsbetrag i.S.v. § 13a Abs. 2 ErbStG weg, führt dies auch zum Entfall der Sperrfrist, sodass er für später etwa erfolgende weitere Zuwendungen (wieder) verfügbar ist.
b) Bestimmung der Bemessungsgrundlage
Rz. 600
Auch im Rahmen der Neuberechnung der Steuer bleibt der Wert im Zeitpunkt der (ursprünglichen) Steuerentstehung maßgeblich. Das gilt auch dann, wenn bei der Veräußerung einer wesentlichen Betriebsgrundlage der Veräußerungserlös entnommen wird. Etwaige Wertsteigerungen zwischen dem Zeitpunkt des begünstigten Erwerbs und dem Zeitpunkt der Veräußerung wirken sich also bei der Nachversteuerung nicht aus. Diese beschränkt sich vielmehr auf den Wertanteil, für den die Begünstigungen nach § 13a ErbStG in Anspruch genommen bzw. gewährt wurden. Andererseits kann sich der Steuerpflichtige aber auch nicht auf einen etwaigen Werteverzehr seit Inanspruchnahme der Verschonungen berufen.
Rz. 601
Im Falle von Überentnahmen i.S.v. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 ErbStG ist allein auf den Wert der jeweiligen Entnahmen abzustellen, und zwar nicht nur bei Entnahmen von Geld oder von auf Geld gerichteten Forderungen, sondern auch bei Entnahmen sonstiger (begünstigter) Wirtschaftsgüter. Abzustellen ist auf den nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu ermittelnden Wert am Stichtag der Entnahme.
c) Abschmelzung der Kürzung des Verschonungsabschlags
Rz. 602
Neben den angesprochenen gegenständlichen Beschränkungen der Nachversteuerung gilt bei Behaltensfristverstößen (nicht für Überentnahmen) außerdem eine zeitanteilige Abschmelzung.
Der Wegfall des Verschonungsabschlags reduziert sich mit jedem vollen seit dem Beginn der Behaltensfrist abgelaufenen Jahr (im Fall der Regelverschonung) um 1/5 (entspricht 20 %). Veräußert also der Erwerber das begünstigte Vermögen (oder Teile davon) innerhalb der Behaltensfrist, ohne dass der Erlös i.S.v. § 13a Abs. 6 S. 3 ErbStG reinvestiert wird, entfällt der Verschonungsabschlag nur anteilig. Für die Jahre, in denen keine schädliche Verfügung erfolgt, bleibt er erhalten.
Rz. 603
Für den Wegfall des Abzugsbetrags nach § 13a Abs. 2 ErbStG gibt es keine zeitanteilige Abschmelzung. Im Falle einer schädlichen Verfügung, die sich nur auf Teile des begünstigten Vermögens erstreckt, ist der Abzugsbetrag in die Neuberechnung der Steuer aber einzubeziehen. Seine Anwendbarkeit ist dabei unter Zugrundelegung des (teilweise) weggefallenen Verschonungsabschlags neu zu prüfen ist.
Rz. 604
Im Falle eines Behaltensfristverstoßes erfolgt die Neuberechnung der Steuer (theoretisch) unverzüglich. Solche Verstöße sind gemäß § 13a Abs. 7 S. 2 ErbStG jeweils innerhalb eines Monats dem für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Ob es aufgrund des anzuzeigenden Sachverhalts zu einer Nachsteuererhebung kommt, ist für das Bestehen der Anzeigepflicht unerheblich (§ 13a Abs. 7 S. 5 ErbStG).
Rz. 605
Die Feststellung von Überentnahmen i.S.v. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 ErbSt...