Rz. 539
Die Gewährung des Verschonungsabschlags ist sozusagen auflösend bedingt. Stellt sich jedoch nach Ende der Lohnsummenfrist (fünf bzw. sieben Jahre) heraus, dass die Mindestlohnsumme unterschritten wurde, vermindert sich der dem Steuerpflichtigen bereits gewährte Verschonungsabschlag nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 13a Abs. 3 S. 5 ErbStG). Allerdings entfällt die Verschonung nicht vollständig, sondern nach § 13a Abs. 3 S. 5 ErbStG nur im prozentualen Umfang der Unterschreitung der Mindestlohnsumme. Hierzu folgendes Beispiel:
Beispiel
Wert des Betriebs am Stichtag: 10.000.000 EUR
Mehr als 20 Beschäftigte.
Ausgangslohnsumme: 1.000.000 EUR
Lohnsumme (Ende der Lohnsummenfrist): 3.500.000 EUR innerhalb von fünf Jahren
Die Summe der jährlichen Lohnsummen in den fünf Jahren nach dem Erwerb (Regelverschonung) erreicht im obigen Beispiel 350 % der Ausgangslohnsumme. Sie liegt damit 50 Prozentpunkte unter der Mindestlohnsumme von 400 %; dies entspricht ⅛. Der Verschonungsabschlag von 85 % verringert sich somit um ⅛ auf 74,375 %.
Beträgt der gemeine Wert des Betriebs im Besteuerungszeitpunkt 10.000.000 EUR, bleiben zunächst 8.500.000 EUR steuerfrei, wohingegen 1.500.000 EUR zu versteuern sind. Wegen des Verstoßes gegen die Lohnsummenregelung bleiben dann nur 7.437.500 EUR steuerfrei. Die verbleibenden 2.562.500 EUR sind zu versteuern, wobei die zunächst gezahlte Steuer angerechnet wird.
Die Verminderung des Verschonungsabschlags führt zu einer Änderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage. Daher muss die Steuer neu berechnet werden. Ergibt sich dabei eine Verschiebung der Progression zu Lasten des Steuerpflichtigen, erhöht dies zusätzlich die Steuermehrbelastung. Eine Verzinsung ist für den Fall der Nachversteuerung nicht gesetzlich angeordnet.
Auf die Gewährung des Abzugsbetrages nach § 13a Abs. 2 ErbStG hat eine Unterschreitung der Mindestlohnsumme allerdings keinen negativen Einfluss.
Rz. 540
Die Veräußerung des begünstigten Vermögens während der Lohnsummenfrist führt regelmäßig (vorbehaltlich einer erfolgreichen Reinvestition) dazu, dass auch die Mindestlohnsumme unterschritten wird. Dementsprechend ist der Verschonungsabschlag zu kürzen. Ob sich die Kürzung nach § 13a Abs. 3 S. 5 ErbStG oder nach § 13a Abs. 6 ErbStG richtet, soll nach Auffassung der Finanzverwaltung davon abhängen, nach welchem Berechnungsmodus sich die höhere Kürzung ergibt.
Rz. 541
Wird das begünstigte Vermögen während der Lohnsummenfrist verschenkt, stellt dies grds. keinen Verstoß gegen die Behaltensregelungen des § 13a Abs. 6 ErbStG dar. Auch die Lohnsummenfrist läuft unverändert weiter. Das Erreichen der Mindestlohnsumme ist daher nach Ende der (ursprünglichen) Lohnsummenfrist beim dann aktuellen Eigentümer zu prüfen. Eine etwaige Unterschreitung der Mindestlohnsumme wirkt zu Lasten des ursprünglichen Erwerbers, und zwar genau so, als ob er das begünstigte Vermögen nicht verschenkt hätte. Im Fall des Todes des begünstigten Erwerbers vor Ende der Lohnsummenfrist entfällt das Lohnsummenkriterium ersatzlos.