a) Grundsätzliches

 

Rz. 265

Das Gesetz sieht insgesamt drei unterschiedliche begünstigte bzw. befreite Übertragungsvarianten vor: die erste entspricht im Wesentlichen dem bis Ende 2008 geltenden Recht und regelt die Übertragung des Familienheims zwischen Ehegatten unter Lebenden (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG). Die zweite Variante betrifft ebenfalls Erwerbsvorgänge zwischen Ehegatten, allerdings nicht unter Lebenden, sondern von Todes wegen (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG). Schließlich regelt § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG die – flächenmäßig beschränkte – Möglichkeit für Abkömmlinge, ein Familienheim oder einen Anteil daran von Todes wegen steuerfrei zu erwerben.

 
Zuwendung des Familienheims
unter Lebenden von Todes wegen
Familienheim (von der Familie genutzte Fläche zzgl. Nebenräume und Garagen) im Inland, EU-/EWR-Ausland
"Mittelpunkt des familiären Lebens" für Erwerber

"Mittelpunkt des familiären Lebens" für Erblasser

Ausnahme: Zwingende Gründe, Insbes. Pflegebedürftigkeit
Erwerb durch Erwerb durch
Ehegatten/gleichgeschl. Lebenspartner Ehegatten/gleichgeschl. Lebenspartner Kinder
vollständige Steuerbefreiung vollständige Steuerbefreiung Steuerbefreiung für 200 qm
  soweit unmittelbar an den Erwerb anschließende Selbstnutzung und deren Fortsetzung für 10 Jahre. Ausnahme: Auszug (nach begonnener Selbstnutzung) wegen zwingender Gründe, insbes. Pflegebedürftigkeit

b) Sachliche Abgrenzung des Begünstigungsgegenstandes

 

Rz. 266

Als Familienheim kommen im Inland bzw. im EU- bzw. EWR-Raum belegene Grundstücke, in denen eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, in Betracht, also Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen sowie Wohnungen in Zwei- oder Mehrfamilienhäusern und Wohneinheiten in Geschäftshäusern oder auch gemischt genutzten Grundstücken.

 

Rz. 267

Von der Begünstigung mit umfasst sind auch die zum Grundstück gehörenden Garagen und sonstigen Nebenräume.[387] Begünstigt ist eine Immobilie nur, soweit darin eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.[388] Dies setzt voraus, dass die Ehepartner die Wohnung selbst allein oder mit zum Haushalt gehörenden Mitgliedern der Familie, insbesondere mit Kindern, Enkelkindern oder Eltern nutzen. Die Mitbenutzung durch Hausgehilfen ist unschädlich.[389]

 

Rz. 268

In der Wohnung muss sich der Mittelpunkt des familiären Lebens befinden.[390] Ein Familienheim in diesem Sinne ist daher nicht gegeben, wenn die Wohnung nur als Ferien- oder Wochenendwohnung[391] genutzt wird, oder für einen Berufspendler nur die Zweitwohnung darstellt.[392] Es kann zu einem konkreten Zeitpunkt stets nur ein (einziges) Familienheim im erbschaftsteuerlichen Sinne geben.[393]

 

Rz. 269

Die Begünstigungen greifen immer aber auch nur ein, "soweit" das Familienheim zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Demzufolge hat bei Mischnutzungen eine wertmäßige Aufteilung zu erfolgen, die sich im Regelfall an dem Verhältnis der unterschiedlichen Nutzungen unterliegenden Flächen zu orientieren hat.[394] Ein im Wohnbereich belegendes Arbeitszimmer stellt aber bewertungsrechtlich lediglich einen Raum dar, dem innerhalb der Nutzung zu Wohnzwecken einer dieser Nutzung nicht widersprechenden Funktion zugewiesen ist.[395] Das Familienheim umfasst daher regelmäßig auch ein solches häusliches Arbeitszimmer.[396]

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob der Begriff des Grundstücks zivilrechtlich (also nach grundbuchrechtlicher Einheit/Flurstück) oder bewertungsrechtlich abzugrenzen ist.[397] Diese Frage kann z.B. dann Bedeutung haben, wenn ein angrenzender Garten sich auf einem anderen Flurstück befindet als das eigentliche Wohnhaus.

[387] R E 13.3 Abs. 2 S. 14 ErbStR 2019.
[388] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13 Rn 59.
[389] R E 13.3 Abs. 2 S. 6 ErbStR 2019.
[390] R E 13.3 Abs. 2 S. 3 ErbStR 2019.
[391] R E 13.3 Abs. 2 S. 5 ErbStR 2019, Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13 Rn 60; Schuhmann, DStR 2009, 197, 198.
[392] R E 13.3 Abs. 2 S. 5 ErbStR 2019.
[393] Ob der Grundstücksbegriff zivilrechtlich oder bewertungsrechtlich abzugrenzen ist, ist nicht abschließend geklärt, vgl. BFH v. 23.2.2021 – II R 29/19, DStR 2021, 1816.
[394] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13 Rn 62; so auch R E 13.3 Abs. 2 S. 14 ErbStR 2019.
[395] BFH v. 27.8.1997 – X R 26–95, BStl II 1998, 135.
[396] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13 Rn 62.

c) Begünstigte Übertragungen unter Lebenden, § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG

aa) Begriff des Familienheims

 

Rz. 270

Grundsätzlich liegt ein Familienheim i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG vor, wenn die Eheleute oder Lebenspartner die Wohnung zu Wohnzwecken selbst allein oder mit zum Hausstand gehörenden Mitgliedern der Familien, insbesondere Kindern und Eltern nutzen. Allerdings genügt es auch, wenn der Zuwendende selbst seinen Lebensmittelpunkt nicht (mehr) in dem von dem anderen Ehegatten gemeinsam mit der übrigen Familie, insbesondere einem oder mehreren Kindern, bewohnten Familienheim hat.[398]

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