Rz. 581
Gemäß § 13a Abs. 6 Nr. 3 ErbStG darf der Erwerber dem steuerbegünstigt übernommenen Unternehmen während der Behaltensfrist (fünf bzw. sieben Jahre) nur in eingeschränktem Maße über die erwirtschafteten Erträge hinaus Vermögen entziehen.
Denn soweit nach dem Ender der Behaltensfrist Überentnahmen festzustellen sind, gilt deren Wert (rückwirkend) als nicht begünstigtes Vermögen, so dass der Verschonungsabschlag und die sich auf dessen Grundlage ergebende Steuer neu berechnet werden. Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG bleibt hiervon i.d.R. unberührt. Überentnahmen spielen außerdem nur dann eine Rolle, wenn kein vorrangiger Nachsteuertatbestand (insb. Veräußerungsfälle nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 S. 2 Alt. 1 bzw. Abs. 6 Nr. 4 S. 2 Alt. 1 ErbStG) eingreift.
In den Fällen, in denen eine selbstständige Überentnahme (ohne Zusammenhang zu einem anderen Behaltensfristverstoß) vorliegt, sind die Auswirkungen beider Verstöße kumulativ zu berücksichtigen (also die jeweiligen Beträge zu addieren). Dasselbe gilt für den Fall der Unterschreitung der Mindestlohnsumme.
Rz. 582
Die Entnahmebeschränkung trifft grundsätzlich jeden Erwerber, der als Inhaber eines Gewerbebetriebs, als Mitunternehmer oder als persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA bis zum Ende des letzten in die Behaltensfrist fallenden Wirtschaftsjahres Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb des begünstigten Vermögens um mehr als 150.000 EUR übersteigen. Ist der Begünstigungsgegenstand auf mehrere Erwerber (in steuerbegünstigter Weise) übergegangen, steht jedem von ihnen ein begünstigungsunschädlicher Entnahmenüberschuss von jeweils 150.000 EUR zu.
Rz. 583
Als Entnahmen i.S.v. § 13a Abs. 6 Nr. 3 ErbStG gelten grundsätzlich alle Entnahmen im ertragsteuerrechtlichen Sinne. Dieser umfasst bei Mitunternehmerschaften auch das jeweilige Sonderbetriebsvermögen.
Rz. 584
Für die Bewertung etwaiger Entnahmen (im Rahmen von § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 ErbStG) ist grds. – auch bei Gegenständen, die bereits im Besteuerungszeitpunkt zum Betriebsvermögen gehörten – der gemeine Wert im Entnahmezeitpunkt maßgeblich.
Soweit Entnahmen wesentlicher Betriebsgrundlagen einen Behaltensfristverstoß nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 S. 2 oder Nr. 2 S. 2 ErbStG darstellen, spielen sie für die Berechnung etwaiger Überentnahmen keine Rolle. Dasselbe gilt auch für die Entnahme von Gegenständen des jungen Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 7 S. 2 ErbStG) sowie für entnommene junge Finanzmittel (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 2 ErbStG) sowie sonstiges (nicht unschädliches – § 13b Abs. 7 S. 1 ErbStG) Verwaltungsvermögen.
Rz. 585
Den Vergleichsmaßstab für die Bestimmung von Überentnahmen nach § 13 Abs. 6 S. 1 Nr. 3 ErbStG bilden die Summen sämtlicher Gewinne sowie sämtlicher Entnahmen und Einlagen der vor Ablauf der fünfjährigen (im Falle der Optionsverschonung der siebenjährigen) Behaltensfrist endenden Wirtschaftsjahre. Die Betrachtung ist also nicht in dem Sinne stichtagsbezogen, dass es auf sämtliche Entnahmen innerhalb der Behaltensfrist ankäme. Vielmehr sind Gewinne und Entnahmen während des Wirtschaftsjahres, in dem die Behaltensfrist abläuft, für die Ermittlung eines etwaigen Entnahmeüberschusses nicht relevant. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Tag der Steuerentstehung nicht (zufällig) auf das Ende eines Wirtschaftsjahres fällt. Entnahmen vor dem Erwerbsstichtag spielen selbstverständlich keine Rolle.
Rz. 586
Die positiven Jahresergebnisse der einzubeziehenden Wirtschaftsjahre werden addiert; etwaige Verluste bleiben gem. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 S. 1 letzter Hs. ErbStG außer Ansatz. Das gilt auch dann, wenn durch sie ein Verlustvortrag entsteht. Der Ausgleich von Verlustvorträgen mit späteren Gewinnen ist also für die Ermittlung etwaiger Überentnahmen ohne Bedeutung.
Rz. 587
Überentnahmen i.S.v. § 13 Abs. 6 S. 1 Nr. 3 ErbStG liegen dann vor, wenn die Entnahmen während des Betrachtungszeitraums (zwischen dem Zeitpunkt des begünstigten Erwerbs und dem Ende des letzten vor Ende der Behaltensfrist ablaufenden Wirtschaftsjahres) die Summe der im selben Zeitraum erwirtschafteten Gewinne und Einlagen um mehr als 150.000 EUR (Entnahmefreibetrag) übersteigen. Der Entnahmefreibetrag ist erwerberbezogen. Außerdem muss er für jede privilegiert erworbene betriebliche Einheit selbstständig gewährt werden. Bei Konzern- bzw. Holdingstrukturen ist aber natürlich auf die übertragungsgegenständliche Spitzeneinheit abzustellen.
Rz. 588
Im Hinblick auf die Einbeziehung von Einlagen in die Prüfung können Überentnahmen durch ebensolche Einlagen (auch noch gegen Ende der Behaltensfrist) ausgeglichen bzw. verhindert werden. Dies stellt grds. keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.v. § 42 AO dar, jedenfalls dann nicht, wenn die Einlagen aus vorhandenem privatem Vermögen geleistet werden.
Rz. 589
Überentnahmen werden in ...