Rz. 85
Bei mittelbaren Zuwendungen handelt es sich um eine von der Zivilrechtsprechung entwickelte und vom BFH übernommene Rechtsfigur, die dem Umstand Rechnung trägt, dass bei einer Schenkung der Gegenstand der entreichernden Vermögenshingabe nicht zwingend mit dem Zuwendungsgegenstand übereinstimmen muss und der Zuwendungsgegenstand letztendlich durch den Parteiwillen der Beteiligten definiert wird.
Rz. 86
Bei der mittelbaren Schenkung ist die Vermögenshingabe mit der Abrede verbunden, dass der hingegebene Vermögenswert (in der Regel ein Geldbetrag oder eine Forderung) für den Erwerb oder die Herstellung eines anderen Gegenstandes, der das eigentliche Zuwendungsobjekt bilden soll, zu verwenden ist. Entscheidend für die steuerliche Anerkennung ist, dass der Erwerber durch die Verwendungsabrede tatsächlich gebunden ist, auf welche Weise er das hingegebene Vermögen verwendet. Er muss an einer freien Verfügung (wenigstens rechtlich) gehindert sein.
Rz. 87
In der Vergangenheit war insbesondere die mittelbare Grundstücksschenkung von erheblichem Interesse. Dies insbesondere deshalb, weil durch die steuerliche Bedarfsbewertung Grundbesitz im Regelfall deutlich unter seinem tatsächlichen Verkehrswert angesetzt wurde und daher erhebliche Differenzen zwischen dem zum Zwecke des Grundstückserwerbs zugewendeten Geldbetrag und dem steuerlich anzusetzenden Grundstückswert bestanden. Durch die Annäherung der steuerlich maßgeblichen Grundstückswerte an die Verkehrswerte hat diese Gestaltung jedoch ab dem 1.1.2009 deutlich an Bedeutung verloren. Nichtsdestotrotz können sich im Einzelfall noch interessante steuerliche Effekte erzielen lassen. Dies gilt umso mehr, wenn Gegenstand der mittelbaren Zuwendung zu Wohnzwecken vermieteter Immobilienbesitz ist, der nach § 13d ErbStG begünstigt wird.
Rz. 88
Im Übrigen kann die mittelbare Zuwendung natürlich auch in der umgekehrten Konstellation, also als Grundstücksschenkung zum Zwecke der Geldbeschaffung von Bedeutung sein. Hier wird ein hingegebenes Grundstück unmittelbar nach dem Erwerb durch den Zuwendungsempfänger weiter veräußert. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist aber, dass der Beschenkte gegenüber dem Schenker nicht verpflichtet sein darf, das Grundstück nur an einen bestimmten Dritten zu veräußern oder er sich der Veräußerung aufgrund einer tatsächlichen Zwangssituation nicht entziehen konnte.
Rz. 89
Denkbar ist auch die mittelbare Zuwendung von Gesellschaftsanteilen. Insoweit ist jedoch zu beachten, dass die Anwendung der Begünstigungen nach §§ 13a, 13b ErbStG grundsätzlich den unmittelbaren Übergang vom Schenker an den Zuwendungsempfänger voraussetzt. Mittelbare Zuwendungen fallen daher grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der Verschonungsregelungen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sich der Beschenkte mit Hilfe der geschenkten Geldmittel am Unternehmen bzw. am Mitunternehmeranteil des Schenkers beteiligt.