I. Allgemeines
Rz. 390
Vor dem Hintergrund der (angestrebten) realitätsgerechten Bewertung sämtlichen der Erbschaft- und der Schenkungsteuer unterliegenden Vermögens kann dies nur durch entsprechend umfassende Freistellungen bzw. – bei nicht vollständiger Steuerfreiheit – Steuerersatzreduzierungen erreicht werden.
Rz. 391
Insoweit zielen die §§ 13a bis 13c sowie 19a und 28a ErbStG darauf ab, durch zielgenaue Verschonungsregelungen das in besonderer Weise dem Gemeinwohl dienende Produktivvermögen (nicht allgemein das ertragsteuerliche Betriebsvermögen) soweit zu entlasten, dass durch den Vermögens- bzw. Betriebsübergang die hiervon (mittelbar) betroffenen Arbeitsplätze weitestgehend gesichert werden. Voraussetzung für die steuerliche Privilegierung soll nach dem Willen des Gesetzgebers die nachhaltige Sicherung der Unternehmensnachfolge (Behaltensregelung) sowie die Erhaltung der Arbeitsplätze (Lohnsummenkriterium) sein.
Rz. 392
Auch die für land- und forstwirtschaftliches Vermögen vorgesehenen Verschonungsregelungen (die ja in einem die Besteuerung beinahe ausschließenden Umfang im deutschen Erbschafsteuerrecht schon Tradition haben) sieht der Gesetzgeber – nach wie vor – durch Gemeinwohlgründe ("… ökonomische Aspekte sowie der Umweltschutz") gerechtfertigt. Die Begünstigungen haben hier grundsätzlich denselben Umfang wie beim (übrigen) Produktivvermögen.
Rz. 393
Im Hinblick auf die sehr weit reichende steuerliche Verschonung und zur Absicherung der hiermit verfolgten Lenkungszwecke sind die Regelungen sehr differenziert ausgestaltet, um zum einen eine zielgenaue Abgrenzung begünstigungswürdiger Fälle zu gewährleisten und zum anderen missbräuchliche Inanspruchnahmen zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund und angesichts der vielfältigen ertragsteuerlichen Möglichkeiten, Vermögensgegenstände, die ihrer Natur nach nicht ausschließlich der privaten Lebensführung dienen, als sog. gewillkürtes Betriebsvermögen zu qualifizieren (z.B. durch Einlage in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG), sieht das Gesetz zum einen eine explizite Abgrenzung des Verwaltungsvermögens vor und beschränkt zum anderen den Verschonungsabschlag grundsätzlich auf 85 %. Nur bei einer Fortführung des Unternehmens für wenigstens sieben Jahre sowie einer (durchschnittlich) 100 %igen Aufrechterhaltung der Lohnsumme (Mindestlohnsumme) kommt eine vollständige Steuerbefreiung in Betracht.
II. Übersicht über die Begünstigungen für Unternehmensvermögen
Rz. 394
Für die Übertragung von begünstigten Unternehmensvermögen sind folgende Begünstigungen vorgesehen:
Rz. 395
Die Begünstigung wird durch Abschläge von der steuerlichen Bemessungsgrundlage erreicht. Vom festgestellten steuerlichen Wert des begünstigten Produktivvermögens (§ 13b Abs. 2 ErbStG) wird ein sog. Verschonungsabschlag (und ggf. zusätzlich vom verbleibenden Wert der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG) abgezogen.
Verwaltungsvermögen ist – abgesehen vom unschädlichen Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 7 ErbStG – nach dem seit 1.7.2016 geltendem ErbStG prinzipiell nicht (mehr) begünstigt. Soweit der Unternehmens- bzw. Anteilswert hierauf entfällt, bleibt er von allen Verschonungen ausgenommen.
Außerdem wurde mit dem ErbStG 2016 in § 13a Abs. 1 ErbStG ein Größenkriterium eingeführt, dem zufolge begünstigte Erwerbe nur dann in den uneingeschränkten Anwendungsbereich der Verschonungsregelungen fallen, wenn sie einen Wert von 26 Mio. EUR nicht überschreiten.
Soweit die Begünstigungsvoraussetzungen vorliegen, wird auf das begünstigte Betriebsvermögen im Rahmen der Regelverschonung ein sog. Verschonungsabschlag i.H.v. 85 v.H. vorgenommen. Damit unterliegen im Zeitpunkt der Übertragung mindestens 15 v.H. des Werts des begünstigten Unternehmensvermögens der Erbschaftsteuer.
Der Verschonungsabschlag gem. § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG wird unmittelbar im Rahmen der (ersten) Steuerfestsetzung berücksichtigt. Er kann aber nachträglich entfallen, wenn gegen bestimmte Anforderungen, die in § 13a ErbStG im Detail definiert sind, verstoßen wird.
Die Gewährung bzw. der dauerhafte Bestand des Verschonungsabschlags ist an mehrere Bedingungen geknüpft: Die Einhaltung der sog. Mindestlohnsumme (§ 13a Abs. 3 ErbStG) über fünf Jahre sowie die Einhaltung der 5-jährigen Behaltensvoraussetzungen (§ 13a Abs. 1, Abs. 6 ErbStG).
Alternativ kann auf Antrag im Rahmen der Optionsverschonung ein Verschonungsabschlag i.H.v. 100 v.H. ...