(1) Grundsätzliches
Rz. 457
Wird die unmittelbare Mindestbeteiligung von 25 v.H. nicht erreicht, kann die Begünstigung dennoch mittels einer Poolvereinbarung erzielt werden. Eine Poolvereinbarung erfordert, dass der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind,
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über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und |
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das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben. |
Rz. 458
Durch die Möglichkeit der Poolung trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass in sog. Familien-Kapitalgesellschaften, deren Anteile über mehrere Generationen hinweg weitergegeben wurden, die einzelnen Gesellschafter häufig die Mindestbeteiligungsquote von mehr als 25 % nicht mehr erreichen. Dessen ungeachtet bestehen jedoch oft Regelungen, dass die Anteile nicht beliebig veräußert werden können und der bestimmende Einfluss der Familie durch Stimmbindungsvereinbarungen gesichert wird. Im Hinblick darauf, dass derartige Unternehmen ein deutliches Gegengewicht zu Publikumsgesellschaften bildeten und eine erhebliche Beschäftigungswirkung erzielten, ist es nach Auffassung des Gesetzgebers angemessen, auch solche Anteile in die Verschonungsregelung einzubeziehen.
Eine Poolvereinbarung i.S.v. § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG erfordert im Einzelnen:
(2) Verfügungsbeschränkung
Rz. 459
Zum einen fordert § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG die Vereinbarung von Verfügungsbeschränkung, zum anderen die Verpflichtung, die Anteile "ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen".
Rz. 460
In diesem Zusammenhang ist der Begriff der "Verfügung" etwas anders zu verstehen als in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre. Er meint hier die Übertragung von Gesellschaftsanteilen (bzw. des Eigentums an Anteilen). Als Verfügungen in diesem Sinne sind auch schenkweise Übertragungen anzusehen.
Rz. 461
Die gesetzliche Forderung nach der "Einheitlichkeit" der Verfügung wird in der Gesetzesbegründung nicht näher erläutert. Der Begriff ist aber wohl nicht wortwörtlich zu verstehen. Vielmehr kommt es darauf an, dass Verfügungen nur nach denselben Standards und Grundsätzen zulässig sein dürfen. Es ist aber nicht erforderlich, dass über sämtliche der Poolvereinbarung unterliegende Anteile gleichzeitig oder etwa nur zugunsten desselben Erwerbers verfügt wird bzw. verfügt werden darf. Vielmehr reicht es aus, wenn der Poolvertrag den Kreis in Betracht kommender Erwerber definiert, entweder durch konkrete Benennung oder durch eine allgemeine Umschreibung, anhand derer im jeweiligen Einzelfall die Zulässigkeit der Verfügung festgestellt werden kann. Es muss durch die Vereinbarung gewährleistet werden, dass ohne Zustimmung der übrigen oder wenigstens der Mehrheit der Poolmitglieder Anteile nicht an fremde Dritte übertragen werden können.
Rz. 462
Alternativ kommen auch Regelungen in Betracht, nach denen die gebundenen Anteilsinhaber verpflichtet sind, ihre jeweiligen Anteile ausschließlich auf andere Poolbeteiligte zu übertragen. Dies beinhaltet allerdings keine zwingende Beschränkung auf Übertragungen nur zwischen den ursprünglichen Pool-Beteiligten. Vielmehr genügt es, wenn die Poolvereinbarung vorsieht, dass im Falle einer beabsichtigten Übertragung der/die Erwerber spätestens zeitgleich mit der Verfügung über den/die Anteile der Poolvereinbarung beitreten.
Rz. 463
Im Hinblick auf die Verfügungsbeschränkungen sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass die vorgenannten Tatbestandsmerkmale der einheitlichen Verfügung und der Übertragung ausschließlich auf derselben Verpflichtung (Poolvereinbarung) unterliegende Anteilseigner nicht kumulativ vorliegen müssen ("oder"). Ausreichend ist es vielmehr, wenn die Poolvereinbarung nur eine der beiden Restriktionen vorsieht.