Rz. 487
Die Finanzmittel als Verwaltungsvermögen wurden durch das AmtshilfeRLUmsG mit Wirkung ab dem 7.6.2013 in das Gesetz aufgenommen (§ 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 4a ErbStG a.F.). Die entsprechenden Regelungen wurden im Zuge des ErbStG 2016 angepasst und finden sich seitdem in § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG.
Rz. 488
Nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG stellt der positive Saldo des am Stichtag vorhandenen Bestandes an Finanzvermögen abzüglich der Schulden, soweit er über das – typisiert betrachtet – betriebsnotwendige Maß hinausgeht, Verwaltungsvermögen dar. Der sog. Finanzmitteltest vollzieht sich in mehreren Schritten, nach deren Abarbeitung sich ein etwa vorhandener Überbestand an Finanzmitteln ergibt, der dann als Verwaltungsvermögen zu qualifizieren ist.
Rz. 489
Zu den Finanzmitteln gehören nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG die Bestände an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen, also insbesondere
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Geld |
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Sichteinlagen |
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Sparanlagen |
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Festgeldkonten |
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Forderungen aus Lieferungen und Leistungen |
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Forderungen an verbundene Unternehmen |
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Ansprüche aus Rückdeckungsversicherungen |
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Forderungen im Sonderbetriebsvermögen (auch gegen die Gesellschaft) |
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Forderungen gegen Gesellschafter |
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Sonstige auf Geld gerichtete Forderungen aller Art, soweit sie nicht bereits § 13b Abs. 2 Nr. 4 ErbStG zuzuordnen sind, insbesondere geleistete Anzahlungen, Steuerforderungen, Forderungen aus stillen Beteiligungen |
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Instandhaltungsrücklagen bei Wohnungs- und Teileigentum |
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Kryptowährungen, z.B. Bitcoin. |
Rz. 490
Der Wert der Finanzmittel wird um denjenigen Teil der Finanzmittel gekürzt, der der Deckung von Altersversorgungsverpflichtungen dient.
Anschließend sind die Schulden abzuziehen. So ergeben sich die (Netto-)Finanzmittel, § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG. Zu den Schulden gehören alle Verbindlichkeiten, die bei der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören, nicht aber sonstige Abzüge, wie Rechnungsabgrenzungsposten, Sonderposten mit Rücklageanteil, Darlehenskonten der Gesellschafter etc. Auch Rückstellungen sind Schulden i.S.v. § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG.
Rz. 491
Soweit der Wert der Finanzmittel nicht größer ist als 15 % des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens (Sockelbetrag), ist kein Verwaltungsvermögen anzunehmen. Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Betrieb seinem Hauptzweck nach originär gewerblich (landwirtschaftlich oder freiberuflich) tätig ist. Eine gewerbliche Prägung (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) erfüllt diese Anforderung ausdrücklich nicht.
Außerdem können durch den Sockelbetrag auch in qualitativer Hinsicht nicht alle Finanzmittel von der Qualifikation als Verwaltungsvermögen ausgenommen werden. Vielmehr sind zunächst die sog. jungen Finanzmittel i.S.v. § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 2 ErbStG auszusondern. Diese sind von jeglichen Verschonungen ausgeschlossen und zählen nicht zum begünstigten Vermögen (§ 13b Abs. 2 ErbStG).
Rz. 492
Junge Finanzmittel sind grundsätzlich der positive Saldo der innerhalb von zwei Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt (§ 9 ErbStG) eingelegten und entnommenen Finanzmittel. Allerdings ist der Wert der jungen Finanzmittel auf den Wert der insgesamt am Stichtag vorhandenen Finanzmittel beschränkt.
Rz. 493
Zusammenfassend lässt sich der Finanzmitteltest in folgender Übersicht schematisch darstellen:
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Finanzmittel (Aktiva) |
./. |
Finanzmittel zur Deckung von Altersvorsorgeverpflichtungen (§ 13b Abs. 3 ErbStG) |
./. |
Schulden (die nicht auf Altersvorsorgeverpflichtungen beruhen) |
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Finanzmittel |
./. |
junge Finanzmittel |
./. |
15 % des gemeinen Werts des Betriebs |
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(schädliche) Finanzmittel = Verwaltungsvermögen |
Zusätzlich gelten, wie gesagt, in jedem Fall die jungen Finanzmittel als Verwaltungsvermögen.
Bei Mitunternehmerschaften ist der Finanzmitteltest auch auf das Sonderbetriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer auszudehnen. Es gilt eine gesellschafterbezogene Betrachtungsweise.
Rz. 494
In Konzernstrukturen sollen sich etwa bestehende wechselseitige Forderungen und Verbindlichkeiten grundsätzlich nicht auf den Finanzmittel-Bestand auswirken (§ 13b Abs. 9 Satz 3 ErbStG, R E 13b.29 Sätze 1 bis 5 ErbStR 2019). Eine Ausnahme gilt aber für Forderungen eines Personengesellschafters gegen die Gesellschaft (R E 13b.29 Abs. 5 Satz 5 ErbStR 2019), und zwar auf allen Beteiligungsebenen. Demzufolge sind Gesellschafterforderungen stets beim Mitunternehmeranteil als Finanzmittel zu berücksichtigen, was sich erheblich auf den 90 %-Test auswirken kann.
Ebenso wie bei § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG gilt auch für Finanzmittel eine Bereichsausnahme zugunsten von Banken bzw. Wertpapierinstituten und Versicherungsunternehmen.