Rz. 410
Auf den nicht dem Verschonungsabschlag unterliegenden Teil des begünstigten Betriebsvermögens wird ein Abzugsbetrag gewährt (§ 13a Abs. 2 ErbStG). Soweit der verbliebene Vermögensteil 150.000 EUR nicht übersteigt, soll er für die Berechnung der Erbschaftsteuer außer Ansatz bleiben.
Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG ist erwerberbezogen ausgestaltet, er wird also für jeden Erwerber gesondert gewährt, kann also durch die Verteilung des begünstigten Vermögens auf mehrere Erwerber praktisch "vervielfältigt werden".
Der Abzugsbetrag hat eine Höhe von (maximal) 150.000 EUR. Er wird von dem Teil des auf einen Erwerber übergegangenen begünstigten Vermögens, der nach Anwendung des Verschonungsabschlags verbleibt, abgezogen. Er verringert sich, wenn der Wert dieses Vermögens insgesamt 150.000 EUR übersteigt, und zwar um 50 v.H. des 150.000 EUR übersteigenden Betrages.
In konkreten Zahlen ausgedrückt stellt sich der Berechnungsvorgang wie folgt dar:
Beispiel
Unternehmer U ist verstorben. Zu seinem Nachlass gehört ein Einzelunternehmen, das mit dem Erbfall auf seinen Alleinerben, den Sohn S, übergegangen ist. Es ist zu klären, welche steuerliche Bemessungsgrundlage (nach Anwendung von §§ 13a, 13b ErbStG) sich im Hinblick auf das Einzelunternehmen ergibt. Der Einfachheit halber wird unterstellt, dass U in seinem Betrieb kein Verwaltungsvermögen hatte.
Der gemeine Wert des Betriebsvermögens ist 1 Mio. EUR, alternativ 2 Mio. EUR bzw. 3 Mio. EUR.
Lösung
Gemeiner Wert des Betriebsvermögens |
1.000.000 EUR |
2.000.000 EUR |
3.000.000 EUR |
abzügl. Verschonungsabschlag (85 %) |
./. 850.000 EUR |
./. 1.700.000 EUR |
./. 2.550.000 EUR |
Wert nach Anwendung von § 13a Abs. 1 ErbStG |
150.000 EUR |
300.000 EUR |
450.000 EUR |
abzügl. Abzugsbetrag, § 13a Abs. 2 ErbStG |
./. 150.000 EUR |
./. 75.000 EUR |
./. 0 EUR |
Bemessungsgrundlage |
0 EUR |
225.000 EUR |
450.000 EUR |
Rz. 411
Liegt der nach Anwendung des Verschonungsabschlags verbleibende Wert des begünstigten Vermögens unter der Wertgrenze von 150.000 EUR, wird der Abzugsbetrag nicht gekürzt, kann sich andererseits aber auch nicht in seiner maximalen Höhe (150.000 EUR) auswirken. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob der nicht ausgeschöpfte Teil des Abzugsbetrages bei späteren i.S.v. § 13a ErbStG begünstigten Erwerben von demselben Erblasser/Schenker noch in Anspruch genommen werden kann.
Das Gesetz enthält jedenfalls keine diesbezüglichen Beschränkungen. Dennoch vertreten die Finanzverwaltung und der BFH die Auffassung, dass die einmalige Berücksichtigung auch nur eines (ggf. sehr geringen) Teils des Abzugsbetrages stets zum vollständigen Verbrauch führt, so dass eine Berücksichtigung des rechnerischen Restbetrags bei späteren Erwerben nicht in Betracht kommt.
Rz. 412
Gemäß § 13a Abs. 2 S. 3 ErbStG kann der Abzugsbetrag innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe (ein und desselben Erwerbers) nur einmal in Anspruch genommen werden. Die Zehn-Jahres-Frist beginnt im Zeitpunkt der Steuerentstehung für den begünstigten Erwerb. Für den Fall, dass der Abzugsbetrag bei dieser (der ersten von dem jeweiligen Erblasser/Schenker stammenden) Zuwendung nicht vollständig in Anspruch genommen wird, ist dennoch diese (erste) Zuwendung für den Fristbeginn maßgeblich.
Beispiel
Der Steuerpflichtige S hat von seinem Vater V am 10.2.2017 lebzeitig Betriebsvermögen mit einem gemeinen Wert von 600.000 EUR geschenkt bekommen. Er hat seinerzeit den Verschonungsabschlag (85 % = 510.000 EUR) und den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG in Höhe von 90.000 EUR in Anspruch genommen. Am 1.2.2019 ist V verstorben und wurde allein von S beerbt. S fragt, ob er den in 2017 nicht verbrauchten Teil des Abzugsbetrags (60.000 EUR) für im Erbfall auf ihn übergegangenes weiteres Betriebsvermögen des V verwenden kann.
Lösung
Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG wurde auch durch die nur teilweise Inanspruchnahme in 2017 vollständig verbraucht, so dass er innerhalb von zehn Jahren nach dem Stichtag der Schenkung (10.2.2017) von S nicht wieder beansprucht werden kann. Das gilt auch für den in 2017 nicht verbrauchten Teilbetrag.
Rz. 413
Die zehnjährige Sperrfrist wird auch dann in Gang gesetzt, wenn der Abzugsbetrag wegen seiner Ausgestaltung als gleitende Freigrenze und im Hinblick auf den Wert des begünstigten Vermögens auf 0 EUR abschmilzt, also gar keine steuermindernde Wirkung entfaltet. Andernfalls würde nämlich entgegen dem ausdrücklich dokumentierten Willen des Gesetzgebers ein Aufspalten größerer Zuwendungen in mehrere Zuwendungen – ungeachtet § 14 ErbStG – einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil ermöglichen.
Rz. 414
Beim Widerruf einer Schenkung entfällt gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die Steuerpflicht. Gleiches muss in diesem Fall auch für die Inanspruchnahme der Verschonungen des § 13a ErbStG, insb. des Abzugsbetrages gelten. Dieser kann somit erneut in Anspruch genommen werden. Die erneute Inanspruchnahme muss auch rückwirkend, also für nach der widerrufenen S...